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Der Brand gilt schon jetzt als größte »Havarie-grosse« in der Containerschifffahrt. IUMI fordert mehr Anstrengungen, schreibt Michael Hollmann

Noch sind die Bergungsarbeiten in vollem Gange. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass der Brand an Bord des Großcontainerschiffs[ds_preview] »Maersk Honam« zu einem Wendepunkt für die Schiffssicherheitsstandards werden könnte. Fünf Menschenleben hatte die Havarie des 15.300-TEU-Schiffs im Indischen Ozean gefordert (siehe auch S. 18/19) – mehr als bei anderen Großbränden auf Containerschiffen in den vergangenen Jahren. Im Fall der »MSC Flaminia« im Jahr 2012 waren drei Todesopfer zu beklagen. Zudem handelt es sich um das bislang größte Containerschiff, das durch einen schweren Brand verwüstet wurde und für das einen Havarie-grosse erklärt wurde. Experten schätzen, dass mindestens ein Drittel aller geladenen Boxen (zusammen gut 12.400TEU) zerstört sein könnten. Von den Schäden an dem nagelneuen Schiff mit Baujahr 2017 ganz abgesehen. Die Versicherungstaxe der »Maersk Honam« (Seekasko) beträgt dem Unternehmen zufolge rund 102Mio. $. Versicherer ist nach Maklerangaben die konzerneigene Maersk Insurance, die das Risiko aber nahezu vollständig an Rückversicherer ausplatziert hat. Die Ursache des Brands ist noch völlig unbekannt. Nach ähnlich gelagerten Fällen in der Vergangenheit liegt aber die Vermutung nahe, dass sich Ware – womöglich Gefahrgut – in einem der unter Deck gestauten Container entzündet hat. Maersk hat als Vorsichtsmaßahme zunächst verfügt, dass vorerst keine Gefahrgutcontainer mehr in der Nähe des Maschinenraums oder der Unterkünfte gestaut werden dürfen. Zusammen mit der zuständigen Klassifikationsgesellschaft American Bureau of Shipping (ABS) sei eine »Rundum-Überprüfung« der Gefahrgut-Abfertigung eingeleitet worden. »Wir werden alles für eine Verbesserung der Brandsicherheit in unserer Industrie tun«, teilte Maersk gegenüber der HANSA mit. Mit einer Überarbeitung der Prozesse geben sich die Transportversicherer, die viele Millionen Dollar Schadenersatz für Ladung und Schiff werden leisten müssen, aber nicht zufrieden. Ihr weltweiter Interessenverband, die International Union of Marine Insurance (IUMI), fordert mit Nachdruck eine Aufrüstung der Brandschutzsysteme an Bord von Containerschiffen. Nach dem jüngsten Vorfall könne niemand mehr abstreiten, dass es Handlungsbedarf gebe, so der Generalsekretär der IUMI, Lars Lange. Die einschlägigen Systeme, mit denen Containerschiffe ausgerüstet werden, hätten auch im Fall der »Maersk Honam« offenbar versagt. So seien die Kohlendioxid-Löschvorrichtungen unter Deck nicht wirklich effektiv, weil man damit nicht an die brennende Ware in den verschlossenen Containern herankomme. Ab einer gewissen Hitze in den Laderäumen kapitulierten die Systeme ohnehin. Erst 2014 hatte es einen regulatorischen Vorstoß in Sachen Brandschutz bei der IMO gegeben, so Lange. Damals wurde als neue Vorschrift in das SOLAS-Übereinkommen aufgenommen, dass Containerschiffe mit einer Mindestanzahl an leistungsfähigen mobilen Löschkanonen ausgerüstet werden müssen. Die Vorschrift, die für Neubauten ab dem Baujahr 2016 gilt, wurde von den Seeversicherern als völlig unzureichend kritisiert. Darin sehe sich die IUMI durch den Brand an Bord der noch jungen »Maersk Honam« bestätigt, unterstreicht Lange. Die Versicherer fordern aufwendigere bauliche Maßnahmen wie Sprinkleranlagen und feuertechnische Trenneinrichtungen in den Laderäumen der Containerschiffe. »Entscheidend ist, dass die Flaggenstaaten bei der IMO bei dem Thema aktiv werden, sobald der Untersuchungsbericht vorliegt.« Unterdessen machen sich Transportversicherer, Sachverständige und Schadensexperten auf Verladerseite auf eine langwierige Schadensabwicklung gefasst. Wie in solchen Fällen üblich hat Maersk »Havarie-grosse« erklärt. Mit der Durchführung ist der britische Dispacheur Richards Hogg Lindley beauftragt worden. Die Firma aus Liverpool gehört zum Versicherungsdienstleister Charles Taylor, der auch den Standard P&I Club managt, bei dem die »Maersk Honam« haftpflichtversichert ist. Wegen der sehr hohen Anzahl von Ladungseignern, die in diesem Fall betroffen sind, gilt das Verfahren als komplex. Ein Dienstleister, der Ladungsinteressen für zahlreiche Container auf der »Maersk Honam« gegenüber dem Dispacheur und der Bergungsreederei vertritt, hob gegenüber der HANSA die relativ gute Kommunikation seitens der Maersk Line hervor. In vielen Fällen hätten Kunden die konkrete Stauposition ihrer Ladung im Schiff erfahren. Daher sei schon vor Ankunft des Havaristen im Nothafen einzuschätzen, ob die Ware verloren oder unbeschadet sei. Die meisten Kunden stammen aus Südeuropa und dem westlichen Mittelmeerraum, wo das Schiff Ende März ankommen sollte. Sollte die Lage an Bord stabil bleiben, könnte die Kostenquote für die Havarie-grosse auf unter 50% – vielleicht sogar auf unter 30% – der geretteten Werte begrenzt werden.
Michael Hollmann