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Trotz der gestiegenen Marktmacht einiger großer Charterer und der ungewissen weltpolitischen Lage gibt die Entwicklung den kleinen und mittelständischen Reedereien in Bremen Hoffnung. Rhedervereins-Vorsitzer Michael Vinnen sieht ein »Potpurri aus guten und schlechten Bedingungen«.
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Zu den Faktoren, die den Schiffseignern in die Karten spielen, gehörten die gestiegenen Öl- und Brennstoffpreise, wie der Vorsitzer des Bremer Rhedervereins, Michael Vinnen, gestern auf dem 12. Rhederabend in der Hansestadt erklärte. Zwar erhöhten sich dadurch die Transportkosten im weltweiten Handel, doch dafür bekämen wieder bevorzugt verbrauchsarme Schiffe Charteraufträge. »In den höheren Bunkerpreisen liegen Chancen. Die Flotte der deutschen Reeder, die eher modern ist, kann dadurch Vorteile erzielen«, stellte Vinnen fest.

Vinnen, Kyparissia, Costamare
Foto: Vinnen

Am Befrachtungsmarkt zeige sich bereits, dass neuere sparsamere Schiffe von Tramp-Reedereien wieder höhere Charterraten als ältere Frachter erzielten. Denn die Einsparungen bei den Brennstoffkosten, die sich daraus für Linienreedereien ergeben, würden mit einer höheren Schiffsmiete honoriert. Binnen eines Jahres seien die Brennstoffpreise um rund 60% gestiegen, so Vinnen. Ausschlaggebend dafür ist der Wiederanstieg der Rohölpreise aufgrund der Produktionskürzungen der OPEC-Länder und Russlands sowie zunehmender Versorgungsängste aufgrund der Verschärfung der Iran-Sanktionen.

»Chancen stehen gut«

Die für die deutschen Reedereien bedeutsame Containerschifffahrt befindet sich nach Ansicht Vinnens grundsätzlich auf dem Weg der Erholung. Die Chancen stünden gut, dass die Branche bis 2019 wieder zu einem Gleichgewicht zwischen weltweiter Kapazität und Transportnachfrage finde. Dieses Jahr könnte allerdings noch schwierig werden, weil die Linienreedereien verstärkt große Schiffsneubauten in Dienst stellten, die verstärkt kleinere Schiffe aus ihren Fahrtgebieten verdrängen könnten. Somit könnte die Weltcontainerschiffsflotte im Jahresverlauf um 6% wachsen. »Da muss sich die Nachfrage schon gut entwickeln, um diese zusätzlichen Schiffe aufzunehmen«, merkte Vinnen vor rund 100 Gästen im Atlantic Grand Hotel in Bremen an.

Problem Finanzierung

Große Probleme bereite den Reedereien in Bremen wie auch an anderen Standorten der Zugang zu Eigenkapital und Fremdkapital für neue Projekte. »Da ist die Situation in Deutschland weiterhin sehr schwierig. Wir wünschten uns, dass die Banken offener mit Anfragen deutscher Reedereien umgehen, wenn es gute Konzepte gibt«, sagte der Vorsitzer. Positiv hob Vinnen gegenüber der HANSA hervor, dass Bremer Reedereien es vereinzelt geschafft hätten, ihre Schiffe mit Hilfe neuer Investoren zu refinanzieren. Was die Bereitstellung von Krediten durch die Banken betrifft, hofft der Unternehmer in den kommenden Jahren wieder auf ein steigendes Angebot.

Bremer Landesbank (BLB)
Die Zentrale der Bremer Landesbank (Foto: BLB)

Obwohl Bremen mit der Eingliederung der Bremer Landesbank in die Nord LB einen bedeutenden lokalen Kreditgeber für die Schifffahrt verloren habe, sei zu hoffen, dass die Nord LB die Lücke zum Teil füllen werde. »Wir haben in Bremen eine große Niederlassung der Nord LB, und die Bank hat angekündigt, dass sie selektiv Neugeschäft in der Schiffsfinanzierung machen will«, unterstrich Vinnen.

Wie sich die Bremer Flotte seit dem vergangenen Jahr entwickelt hat, dazu liegen noch keine aktuellen Daten vor. Im Jahresbericht 2016/17 des Bremer Rhedervereins war von über 300 Schiffen von zusammen knapp 5,5 Mio. BRZ die Rede. Einige Firmen mit Hauptsitz in Bremen haben ihre Bereederungsaktivitäten vor Ort in der Zwischenzeit ausgeweitet. Dazu zählt die Londoner Reederei Lomar, die ihre Niederlassung in Bremen nunmehr auf 18 Mitarbeiter aufgestockt hat. Ferner hat die Reederei Harren & Partner das technische Management von Schwergutschiffen ihrer Tochtergesellschaft SAL an den Standort Bremen verlagert. Und die noch junge Reedereigruppe des Bremer Bauunternehmers Kurt Zech, Zeaborn, ist seit vergangenem Jahr durch Akquisitionen (Rickmers Reederei, E. R. Schiffahrt) weiter stark gewachsen. Dem Bremer Rhederverein gehört Zeaborn bislang noch nicht an. (mph)