Der Bremer Rhederverein sieht die Schifffahrt weiter in Schwierigkeiten
Der Bremer Rhederverein sieht die Schifffahrt weiter in Schwierigkeiten. Quelle: Bremer Rhederverein
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Die Mitgliedsreedereien im Bremer Rhederverein blicken verhalten zuversichtlich in die Zukunft. Der Rückblick auf die vergangenen Jahre zeigt, dass sich die Schifffahrtsmärkte zwar langsam, aber trotz diverser Schwankungen in der Tendenz nach oben entwickeln.

Anlässlich seiner d[ds_preview]iesjährigen ordentlichen Mitgliederversammlung am zieht der Bremer Rhederverein Bilanz über das vergangene Jahr. Marktverbesserungen in mehreren Segmenten stimmen zwar positiv, dennoch rechnen die Bremer auch weiterhin mit Schwankungen und schwächeren Raten.

Der Bremer Rhederverein sieht die Schifffahrt weiter in Schwierigkeiten

Das Ratenniveau der Tanker in der Produktenfahrt hat sich den Jahresbericht zufolge in den vergangenen Monaten als weitgehend auskömmlich erwiesen. Die Raten schwankten allerdings von Monat zu Monat. Dies grltr sowohl für kleinere als auch für größere Einheiten. Bei den Bulkern sei die Entwicklung je nach Schiffsgrößenklasse uneinheitlich, aber auch in diesem Marktsegment sei eine Stabilisierung des Ratenniveaus zu beobachten. Die Beschäftigung der Multipurpose- und der Schwergutschiffe könne als weitgehend stabil bezeichnet werden. Entsprechend hätten sich die Raten auch in diesem Segment erholt. Mit den wieder ansteigenden Ölpreisen sei zu erwarten, dass sich das für diese Schiffe wichtige Projekt- und Anlagengeschäft weiter beleben werde. Erfreulich entwickelte sich außerdem die Nachfrage nach Chartertonnage in der Containerfahrt. Weniger als 1 % der Schiffe liegen auf. Die robuste Nachfrage spiegelt sich in steigenden Raten wieder.

»Wenn die Reeder jedoch eines in den vergangenen zehn Jahren gelernt haben, ist es, dass eine Fortschreibung positiver Entwicklungen zwar wünschenswert, keinesfalls aber gesichert ist. Die Schifffahrtsmärkte werden auch in den nächsten Monaten und Jahren immer wieder Schwankungen ausgesetzt sein«, heißt es im Jahresbericht. Nur mit einer fachlich hochqualifizierten Bereederung, gepaart mit einer sehr soliden kaufmännischen Kalkulation und einem strikten Kostenmanagement sei es den Reedern möglich, ihre Schiffe auch bei schwächeren Raten kostendeckend zu betreiben.

Bremer können Größe ihrer Handelsflotte behaupten

Die Bremer Reeder haben, wie nahezu alle deutschen Reeder, in den letzten zehn Jahren vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen gestanden. Gerade die Bremer Reederschaft ist vom Mittelstand geprägt, für den die langfristige Sicherung des Unternehmens immer an erster Stelle steht. Eine konservative Kalkulation gehöre zur DNA des Mittelstands, auch in der Reederschaft, so der Bremer Rhederverein. Trotzdem hätten einige Schiffe in den vergangenen Jahren abgegeben werden müssen. Dies habe etwas mit den Märkten zu tun, hänge aber auch damit zusammen, dass die Schiffe seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise vor zehn Jahren älter geworden seien.

Die Bremer Reeder konnten dennoch die Größe ihrer Handelsflotte behaupten. Dies ist dem Rhederverein zufolge auch dem Umstand zu verdanken, dass sich neue Reedereien in Bremen etabliert haben, die ihre Flotten ausbauen oder sogar in ihrem Marktsegment mittelfristig die weltweite Marktführerschaft anstreben. Dies geschieht durch organisches, aber vor allem durch anorganisches Wachstum. Es spreche für den Bereederungsstandort Bremen, dass dortige Reedereien Akteure der Konsolidierungsbewegungen seien, die sich längst von der Containerlinienschifffahrt auch auf die Trampfahrt ausgedehnt habe.

Im Management der Bremer Reedereien sind mittlerweile 350 Schiffe angesiedelt, wobei die technische Bereederung teilweise noch an den ursprünglichen Standorten verblieben ist. Die Bremer Handelsflotte besteht nach den jüngsten Zusammenschlüssen im Multipurpose-Sektor zu rund 40 % aus Mehrzweck- und Schwerlastschiffen. Je rund 20 % entfallen auf Tanker und Containerschiffe. Bulker machen rund 6 % aus. Die restlichen Schiffe sind Schlepper, Forschungsschiffe und anderen Schiffstypen zuzurechnen.

»Das darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die deutsche Handelsflotte insgesamt seit ihrem Höchststand im Dezember 2012 um rund 25 % gesunken ist. Von ehemals 3.500 Schiffen sind nur noch 2.500 Schiffe in Fahrt. Die weltweite Handelsflotte ist seit Dezember 2012 hingegen um nahezu 20 % gestiegen. Hier tut sich eine Schere auf, die an manchem Reedereistandorten schmerzhaft zu spüren ist. Mit dem Verlust von Bereederungsaktivitäten droht den deutschen Standorten ein Verlust an maritimer Expertise«, warnt der Verband.

Zurückhaltung der Banken als Gefahr für deutsche Standorte

Gründe dafür seien unter anderem in den mangelnden Möglichkeiten der Schiffsfinanzierung zu finden. Die Perspektiven der internationalen Seeschifffahrt seien im letzten Jahrzehnt von allen Markteilnehmern, auch von Wissenschaftlern, Analysten und Kreditgebern maßlos überschätzt worden. Große sowie klein- und mittelständisch geprägte deutsche Reedereien hätten so manches Schiff verloren oder mussten ganz aufgeben. Die schiffsfinanzierenden Banken hätten zu viele Kredite abschreiben müssen. In der Folge hätten Bankinstitute den strengen Eigenkapitalhinterlegungsvorschriften nicht nachkommen können – mit Folgen, die auch Bremen leidlich zu spüren bekommen habe, heißt es.

So sei es nur zu verständlich, dass die Banken heute äußerst zurückhaltend geworden seien, wenn es um die Finanzierung von Schiffen gehe. Doch genau darin liege eine große Gefahr für die deutschen Reedereistandorte.

»Die deutschen Reedereien, die heute noch am Markt sind, haben bewiesen, dass sie ihre Schiffe trotz der stärksten Unwetter in Fahrt halten konnten, dass ihre Schiffe und ihre Geschäftsmodelle tragfähig sind«, erklärte der Verband. Die verbliebenen Institute sollten heute offener mit Kreditwünschen der deutschen Reederschaft umgehen, wenn ihnen wirtschaftlich belastbare Konzepte für die Ertüchtigung der in Fahrt befindlichen Schiffe oder für Neubauten vorgelegt würden.

Gerade jetzt, da die Märkte sich erholten und die internationale Seeschifffahrt vor einer neuen Ära stehe, sollten solide wirtschaftende deutsche Reeder in großer Gemeinsamkeit mit den Banken die Möglichkeiten nutzen, mit konservativ kalkulierten, erfolgversprechenden Projekten die Entwicklung mitzugestalten, so der Aufruf. Es bestehe dringender Finanzierungsbedarf im Angesicht neuer Herausforderungen mit hohem Investitionsaufwand (Schefelgrenzwerte ab 2020, Vorschriften für ein strenges Ballastwasser-Management, der Markt fordert immer verbrauchsärmere Schiffe, Digitalisierung).

Kritik am Versuch einer »sachfremden« Versicherungspflicht

Kritisiert wird, dass das Bundeszentralamt für Steuern zum wiederholten Mal den Versuch unternehme, mit einer »eigenwilligen Interpretation« des Versicherungssteuergesetzes die deutschen Reeder in eine Versicherungspflicht zu drängen, die »sachfremd« sei und die die internationalen Märkte nicht akzeptieren würden. Konkret geht es um Versicherungen für Schiffe, die nicht in einem deutschen Register eingetragen sind, aber von deutschen Reedern gemanaged werden. Gerade das Third-Party-Management, die Bereederung von Schiffen Dritter, die nicht in einem deutschen Register eingetragen sind – das trifft auf nahezu alle Schiffe im 3rd-Party-Management zu – gewinnt in der deutschen Reedereilandschaft immer größere Bedeutung.

»Dieses Potenzial darf nicht durch abwegige Interpretationen des Versicherungssteuergesetzes gefährdet werden. Sollte sich das Bundesamt tatsächlich mit seiner Meinung durchsetzen, würde den deutschen Reedereistandorten schwerster Schaden zugefügt«, warnt der Verband.

Ausbildung wieder gefragter

Entgegen allen Unkenrufen haben sowohl die seemännische als auch die kaufmännische Ausbildung dem Rhederverein zufolge nach wie vor einen hohen Stellenwert in der deutschen wie auch der Bremer Reederschaft. Für die Hochschule Bremen, die älteste deutsche nautische Ausbildungsstätte, wurde gerade ein neuer Simulator installiert. Der Studiengang erfreue sich wieder wachsender Beliebtheit. Der internationale Studiengang Shipping and Chartering habe Jahr für Jahr regelmäßig mehr Bewerber als Studienplätze.

Die Ausbildung auf See und an Land steht im Mittelpunkt des Bremer Schifffahrtskongresses, der in diesem Jahr vom 12. bis 13. Juni und bereits zum zwölften Mal in Folge stattfindet. Der Bremer Rhederverein gehört seit Jahren dem Programmkomitee an.

Vorstand im Amt bestätigt

Zur ordentlichen Mitgliederversammlung des Bremer Rhedervereins am 1. Juni 2018 lief die Amtszeit der Vorstandsmitglieder Joachim Zeppenfeld und Peter Grönwoldt ab. Die ordentliche Mitgliederversammlung wählte beide erneut in den Vorstand. Michael Vinnen wurde in seinem Amt als Vorsitzer und Peter Grönwoldt in seinem Amt als stellvertretender Vorsitzer bestätigt. Der Vorstand setzt sich damit zusammen aus Michael Vinnen (Vorsitzer) F. A. Vinnen & Co., Peter Grönwoldt (stellv. Vorsitzer) Harren & Partner, Achim Boehme Lomar Deutschland, Dirk O. Rogge D. Oltmann Reederei, Joachim Zeppenfeld (Bremer Bereederungsgesellschaft).