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Wie schlagen sich die heutigen Möglichkeiten zur Reinigung von Schiffsabgasen, können mit ihnen die ambitionierten Klimaziele erreicht werden? Eine Betrachtung des derzeitigen Stands der Technik soll zeigen, wie zukunftsfest diese ist

Schiffsmotoren produzieren konzeptbedingt große Mengen an Abgasen, da diese mit einem hohen Luftüberschuss betrieben werden. Die Abgase enthalten an Schadstoffen[ds_preview] u.a. Schwefeloxide, Stickoxide, Rußpartikel, Metallaschen und als klimaschädigendes Gas Kohlendioxid. Die Internationale Maritime Organisation (IMO) hat mit den Regulierungen MEPC.198(62) für Stickoxide und MEPC.259(68) für Schwefeloxide verbindliche Grenzwerte für die Schifffahrt eingeführt, die ab 2020 (SOx) respektive 2021 (NOx) in Kraft treten. Für Partikel (Rußpartikel, Metallaschen) gibt es derzeit noch keine Regulierung. Im April 2018 hat die IMO beschlossen, bis zum Jahr 2050 die CO2-Emissionen in der Schifffahrt um 50% zu senken. In diesem Beitrag werden die technischen Möglichkeiten zur Abgasreinigung von Schiffsmotoren dargestellt.

Zur Minimierung bzw. Vermeidung von Schadstoffen im Abgas von Großmotoren stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Primärmaßnahmen, die während des Verbrennungsprozesses greifen und Sekundärmaßnahmen, die als Abgasnachbehandlung zusammengefasst werden können, da diese eingesetzt werden, wenn das Abgas den Motor bereits verlassen hat. Zu den Primärmaßnahmen zählt mit Hinblick auf die Minimierung von Schwefeloxiden die Verwendung von schwefelarmen Kraftstoffen (<0,1% Schwefel m/m) z.B. Marine Gas Oil (MGO) oder Liquified Natural Gas (LNG). Als Sekundärmaßnahme können so genannte Scrubber oder Abgaswäscher eingesetzt werden, die das Abgas bei Verwendung von hochschwefeligem Kraftstoff auf den erforderlichen Grenzwert für Schwefeloxid reinigen können.

Die Scrubber unterscheiden sich nach Art der Verfahren in trockene oder nasse Abgaswäscher. Der bei weitem größte Teil der Scrubber sind Nasswäscher, die entweder nur Seewasser oder durch eine alkalische Komponente angereichertes Seewasser verwenden. Beim trockenen Verfahren wird das Abgas durch einen Reaktor geführt, der mit Kalk (Calciumhydroxid) in Form von Granulat gefüllt ist. Bei Kontakt reagiert das gasförmige Schwefeldioxid mit dem Kalk und bildet Gips (Calciumsulfat). In einem Nasswäscher wird das Abgas in einem Reaktorturm im Gegenstromverfahren mit Seewasser, das in Form von sehr kleinen Tröpfchen mittels Druckluft versprüht wird, gereinigt. Dabei entsteht als Reaktionsprodukt ebenfalls Calciumsulfat, welches im Seewasser vollständig gelöst wird.

Open oder Closed Loop?

Nasswäscher können in zwei Betriebsarten unterteilt werden: Open Loop und Closed Loop. Im Open Loop Betrieb wird das im Wäscher verwendete Seewasser am Seekasten aufgenommen und durch den Wäscher gepumpt. Anschließend erfolgt eine Grobreinigung, um Feststoffe und nicht verbrannte Kohlenwasserstoffe aus dem Abwasser des Nasswäschers zu entfernen, bevor es wieder über Bord ins Meer zurückgegeben wird. Im Closed Loop Betrieb wird eine konstante Menge an Seewasser im Kreis durch den Nasswäscher gefahren, wobei eine kleine Teilmenge ausgeschleust wird und einer Abwasserbehandlung zugeführt wird. Dabei werden ebenfalls Feststoffe und Kohlenwasserstoffe entfernt und in einem speziellen Scrubber Sludge Tank an Bord zwischengelagert, bevor der Sludge an Land entsorgt wird. Um in diesem Prozess eine hohe Schwefeloxidabscheidung zu erzielen, wird dem Seewasser eine alkalische Komponente (z.B. Natronlauge) hinzudosiert, die ebenfalls an Bord in einem Tank mitgeführt werden muss. Ein Scrubber, der in beiden Betriebsarten gefahren werden kann, nennt man Hybrid Srcubber.

Im Gegensatz zu Schwefeloxiden, die bei der Verbrennung im Motor aus dem im Kraftstoff enthaltenen Schwefel durch Oxidation entstehen (der Schwefel wird vollständig zu Schwefeldioxid [ca. 95%] und Schwefeltrioxid [ca. 5%] umgewandelt), ist die Bildung von Stickoxiden stark temperaturabhängig, daher spricht man von so genanntem thermischen NOx. Primärmaßnahmen zu Minimierung von Stickoxiden basieren daher auf dem Konzept, die Verbrennungstemperatur abzusenken. Dies kann primärseitig im Ölbetrieb durch Hinzugabe von Wasser erfolgen (z.B. durch Kraftstoffwasseremulsionen; Anfeuchten der Verbrennungsluft; Direkteinspritzung von Wasser in den Zylinder) oder durch Abgasrückführung (EGR = Exhaust Gas Recirculation). Wird als Kraftstoff LNG verwendet, entstehen ebenfalls deutlich weniger Stickoxide, da die Verbrennungstemperatur hier niedriger ist. Auch der so genannte Miller-Cycle (frühes Schließen des Ansaugventils) kann die Stickoxidbildung reduzieren. Als Sekundärmaßnahme steht nur ein SCR-Katalysator zur Verfügung, der aus dem PKW- und LKW-Bereich bereits bekannt ist und zum Stand der Technik gehört. Hierbei wird in den Abgasstrang nach dem Motor eine wässrige Harnstofflösung (bekannt unter dem Namen AdBlue) eingespritzt, die verdampft und das für die chemische Reaktion notwendige Ammoniak (NH3) freisetzt. Die Stickoxide reagieren mit dem Ammoniak und bilden wieder Stickstoff und Wasser, also unschädliche Komponenten der Luft.

Problem Feinstaub

Die Minimierung oder Abscheidung von Partikeln gestaltet sich ungleich schwieriger. Da jede Verbrennung in einem Motor eine unvollständige Verbrennung ist, kann die Entstehung von Partikeln bzw. Ruß nicht vermieden werden. Die Verwendung von schwefelarmen Kraftstoff wie z.B. MGO reduziert den Anteil der schwefelgebundenen Partikel, z.B. Sulfate. Doch die Bildung von Ruß und elementarem Kohlenstoff kann durch diese Primärmaßnahme nur geringfügig minimiert werden. So genannte Ausbrandverbesserer, die als flüssiges Additiv dem Kraftstoff vor Einspritzung hinzudosiert werden, können die gesamte Partikelfracht zwar verringern, jedoch nicht vollständig verhindern. Auch diese Primärmaßnahme kann nur einen Teilbereich des Problems lösen. Sekundärmaßnahmen, wie die aus der Automobilindustrie bekannten Dieselpartikelfilter stehen für schwerölgefeuerte Großmotoren ebenfalls nicht zur Verfügung, da die Partikelmenge, die aus einem Großmotor kommt, signifikant größer ist als z.B. die aus einem Diesel-Pkw-Motor. Auch lässt sich die Dieselpartikelfilter-Regeneration, wie aus dem Pkw-Bereich bekannt, bei den großen Abgasmengen und Partikelfrachten nicht zuverlässig umsetzen. Die im ersten Teil beschriebenen Scrubber sind in der Lage, bei entsprechender Auslegung bis zu 98% der Partikelfracht abzuscheiden, doch sind sie kaum in der Lage, die ebenfalls entstehenden Feinstäube zu entfernen.

Das ambitionierte Ziel, in der Schifffahrt den CO2-Ausstoß um 50% bis 2050 zu senken, lässt sich mit dem derzeitigen Stand der Technik nicht erreichen. Der Wirkungsgrad der Motoren liegt schon heute bei deutlich über 50% und lässt sich nur in sehr kleinen Schritten noch weiter optimieren. Der Spielraum für die Motorenhersteller ist hier sehr begrenzt. Wenn kohlenstoffhaltige Kraftstoffe eingesetzt werden, entsteht bei der Verbrennung zwangsläufig CO2, allerdings hat LNG (das hauptsächlich aus Methan CH4 besteht) ein günstigeres Kohlenstoff-Wasserstoff-Verhältnis als Schweröl oder Gasöl, was zu einer um ca. 25% niedrigeren CO2-Emission führt. Dagegen rechnen muss man die deutlich größere klimaschädigende Wirkung von Methan (bezogen auf CO2 ca. 23 Mal mehr in einer 100 Jahre Betrachtung und ca. 70 mal mehr in einer 20 Jahre Betrachtung). D.h., das bei einem mit LNG betriebenen Schiff die Methan-Emission, bestehend aus Methan-Schlupf des Motors und dem Methan-Boil-Off-Gas des LNG-Tanks, die CO2-Emission zwar gesenkt wird, die klimaschädigende Wirkung des Methans jedoch den CO2-Vorteil wieder mehr als ausgleicht.

Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass ein Teil der Emissionen (Schwefeloxide und Stickoxide) aus Schiffsmotoren mit Primär- und Sekundärmaßnahmen deutlich zum Wohle der Umwelt und der Menschen minimiert werden kann. Feinstaub und klimaschädigendes CO2 sowie Methan bleiben weiter eine Herausforderung für die Entwicklung neuer Kraftstoffe oder Abgasreinigungstechnologien.
Ralf Jürgens, Thomas Reynolds, Claas Günther