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In der Automobilindustrie ist die Kraftstoffverbrauchsmessung mittlerweile kaum noch wegzudenken. Ansätze, so etwas in die Schifffahrt zu übertragen gibt es zwar, allerdings ohne bisher die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Von Thomas Wägener

In der Automobilindustrie hat die Kraftstoffverbrauchsmessung mittlerweile einen sehr hohen Stellenwert eingenommen. Sie sei dort gar nicht mehr wegzudenken, sagte[ds_preview] Manfred Werner vom Ingenieurbüro HAWE, kürzlich bei einer Expertenveranstaltung, die vom Maritimen Cluster Norddeutschland (MCN) mit Unterstützung der Technischen Universität Braunschweig, AVL List und dem Ingenieurbüro IB – HAWE organisiert worden war.

Die Ergebnisse der Messungen in der Automobilindustrie seien relativ genau, sie würden nur um etwa 0,5% abweichen, verdeutlichte Peter-Wolfgang Manz von der TU Braunschweig. Ein Verbrennungsmotor in einem Auto sei ähnlich aufgebaut wie der eines Schiffes und würde auch denselben physikalischen Gesetzen folgen. CAD- und CFD-Technologien hätten sich bereits in der Schifffahrt etabliert, auch sie seien ursprünglich aus der Automobilindustrie gekommen, nannte Manz Beispiele für Cross-Over-Technologien.

Doch es gibt auch einige signifikante Unterschiede: Allein die Anzahl gebauter Motoren, die in Serie gehen, weicht in den beiden Industrien deutlich voneinander ab. Während pro Jahr in der Automobilindustrie 1Mio. und mehr Motoren in Serie produziert werden, sind es nach Angaben von Manz in der Schifffahrt bei den Mittelschnellläufern mit 5 bis 10 MW gerade einmal rund 100. Entsprechend sei der Entwicklungskostenanteil auf einen Motor gerechnet in der Automobilindustrie wesentlich geringer, wodurch sich ein deutlich höheres Investitionspotenzial ergebe.

Ziel sei es, in jedem Fall durch den Einsatz von Lösung- und Entwicklungsansätzen der Automobilindustrie den Betrieb der Schiffsmotoren effizienter zu machen und dabei gesetzeskonforme Schadstoffemissionen zu erzielen, so Manz.

Das Potenzial, in der Schifffahrt ähnlich gute Ergebnisse zu erzielen wie in der Automobilindustrie sehen die Experten jedoch bisher nicht. Werner sagte, man könne sehr zufrieden sein, wenn man eine Genauigkeit von etwa 2 bis 3% erreichen würde. Doch auch davon sei die Schifffahrt noch weit entfernt, denn bisher würde die Genauigkeit um 10% von dem eigentlichen Wert abweichen – »ein inakzeptables Ergebnis«.

Das hat verschiedene Gründe: Einer der wesentlichen ist, dass sich die Motorenhersteller bisher sehr zurückhalten, was die Veröffentlichung von Daten betrifft. Doch nur, wenn ausreichend Informationen vorlägen, könne man »eine Menge herausholen«, so Manz, ohne konkrete Prozentwerte zu nennen.

Mit Hilfe einer hochpräzisen Verbrauchsmessung, welche für alle Schiffe einer Flotte verlässliche, vergleichbare und genaue Ergebnisse liefert, könnten Reedereien ihre Schiffe vergleichen und Rückschlüsse auf den Wartungszustand der Maschinen ziehen, war man sich einig. Auf Grundlage von hochauflösenden Messverfahren für die Druckmessung im Zylinderkopf (sog. Indizierung) und der genauen Kenntnis des Drehmoments könne bei präziser Messung des Brennstoffverbrauches und des Heizwertes des Brennstoffs in die Motorsteuerung eingegriffen werden und das Kennfeld in Hinblick auf den optimalen Arbeitspunkt der Maschine optimiert werden.

Somit ließen sich Stickoxidausstoß und Verschleiß deutlich reduzieren. Mit Hilfe von Verfahren wie der Mehrfacheinspritzung könnten zudem weitere Stickoxideinsparungen erreicht werden. Insbesondere Dual-Fuel-Motoren, welche mit zwei verschiedenen Kraftstoffen betrieben werden, könnten hiervon profitieren, da dann eine Anpassung der Motorsteuerung an den verwendeten Kraftstoff erfolgen könne.

Das Ingenieurbüro HAWE aus Gifhorn stellte gemeinsam mit dem Unternehmen AVL List das sogenannte AVL Epos vor, ein neues Konzept für ein Brennstoffverbrauchsmesssystem für 2-Takt-Motoren. Es könne alle »klassischen« Funktionen einer »Booster Unit« übernehmen. Dazu zählen die präzise Vorgabe und Konditionierung aller Kraftstoffe hinsichtlich motorspezifischen Parameter (Druck, Temperatur, Dichte, Viskosität, Umlaufmengen etc.), die Bereitstellung von Kraftstoffwechsel-Funktionen (MDO auf HFO und umgekehrt) sowie die Möglichkeit des Entlüftens und Spülens verschiedener Kraftstoffpfade.

Hinrich Mohr, Produktmanager bei AVL List, informierte über den Aufbau: Grundlage seien zwei von DNV GL zertifizierte Zylinderdrucksensoren, mit denen die Hauptmaschine ausgestattet werde. Der Zustand jedes Zylinders wird anhand von Farben (grün, gelb, rot) visualisiert. Dadurch ließen sich Problemfelder schnell und einfach erkennen. Der sogenannte Key Condition Index (KCI) sowie der Key Performance Index (KPI) würde zudem einen Motorenvergleich auf unterschiedlichen Schiffen sowie an unterschiedlichen Zeitpunkten ermöglichen.

Zielführend wäre laut Mohr auch eine Überwachung der Hilfsdiesel. Reeder würden sich aus Kostengründen allerdings häufig dagegen entscheiden, denn Zylinderdrucksensoren seien kostenintensiv. Daher schlug der Experte vor, den Schifffahrtsunternehmen diesbezüglich größere Anreize zu schaffen, etwa durch eine Reduzierung der Hafengebühren. Den größten Nutzen der Kraftstoffverbrauchsmessung hätten also die Reeder, da kontinuierliche und sichere Aussagen zum aktuellen Brennstoffverbrauch vorlägen sowie auch entstehende Probleme im Schiffsbetrieb festgestellt werden könnten. Ein Maschinenausfall und damit lange und kostenintensive Werftaufenthalte könnten dadurch vermieden werden.

Die Frage, ob Schiffsdiesel effizienter und damit sauberer betrieben werden können, wenn die Brennstoffmenge zuverlässiger und genauer bestimmt werden kann, lasse sich somit mit »ja« beantworten, hieß es bei der Fachveranstaltung. Allerdings gibt es noch viele Fragen, beispielsweise nach der rechtlichen Akzeptanz der verschiedenen Messmethoden.


Thomas Wägener