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Um den Transport ins Hinterland voranzutreiben, investieren die französischen Häfen massiv in die Infrastruktur. Ein Hauptaugenmerk liegt auf der Zugverbindung mit Anschlüssen an die wichtigen Hubs. Von Thomas Wägener

In der Nordrange nimmt Le Havre bisher eher eine untergeordnete Rolle ein, wenngleich dort im vergangenen Jahr fast 400.000 Container[ds_preview] mehr umgeschlagen wurden als 2016. Insgesamt gingen knapp 2,9Mio. TEU über die Kaikanten, und somit weit weniger als in den meisten Nordrange-Häfen wie Rotterdam (13,6Mio. TEU), Antwerpen (10,5Mio. TEU), Hamburg (8,8Mio. TEU) und den bremischen Häfen (5,5Mio. TEU). Einzig Zeebrügge (1,5Mio. TEU) und Wilhelmshaven (0,5Mio. TEU) wurden hier übertroffen.

Um Le Havre künftig besser zu positionieren und um für das prognostizierte Wachstum im Containerumschlag gerüstet zu sein, hat der Aufsichtsrat des Hafens jetzt ein mehrjähriges Investitionsprogramm in Höhe von 500Mio. € beschlossen. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehört der Bau zweier neuer Liegeplätze (LP11/12), über die der Seine-Korridor versorgt werden soll. Gerade für diese Gebiete sei eine Zunahme des Seeverkehrs festzustellen, heißt es. Im Prinzip könne der Bau sofort beginnen, die Auswahl der Bewerber für die neuen Liegemöglichkeiten sei bereits eingeleitet worden, heißt es. Realistisch betrachtet könne die Grundsteinlegung für das Projekt, das Teil des sogenannten »Port 2000« ist, dann im Juli 2019 erfolgen.

Darüber hinaus soll durch eine neue Zugbrücke der Zugang zum Binnenwasserstraßennetz hergestellt und so der Transport über die Wasserstraße gestärkt werden, vor allem zu den Absatzmärkten Rouen und Paris. Mehr als die Hälfte der Summe wird für diese beiden Projekte veranschlagt. Der Bau der beiden Liegeplätze soll 150Mio. € kosten, die Errichtung der Zugbrücke schlägt mit 125Mio. € zu Buche.

Die restliche Summe der 500Mio. € soll in die Fertigstellung bestehender Containerhafenanlagen fließen – von den Franzosen als »Atlantic Project« bezeichnet – (85Mio. €), in die Entwicklung des Windenergiesektors (57Mio. €) sowie in die Sicherung von Straßen und Schienen (35Mio. €), womit in erster Linie die Sanierung einer Straßenverbindung gemeint ist, die eine Bahnstrecke kreuzt sowie die Sanierung eines Autobahnkreuzes der Autobahn A29. 33Mio. € sind zudem für den Ausbau des RoRo-Terminals vorgesehen, ein Geschäftsfeld, das als Wachstumstreiber gesehen wird. MSC hatte Ende Februar dieses Jahres den nordfranzösischen Hafen in seinen neuen RoRo-Dienst nach Westafrika integriert, der von zwei 199m langen Frachtern mit Kapazitäten für je 6.700 Fahrzeugen bedient wird. Jüngst bedient auch die Saudi Arabian National Line den Hafen mit einem neuen RoRo-Service für Container, der sechs 225m lange Einheiten umfasst. Weitere 15Mio. € werden für die Errichtung von Logistikflächen vorgehalten. Hier steht der Bau eines neuen Kühlzentrums ganz oben auf der Liste.

Nicht in den 500Mio. € enthalten sind weitere 110Mio. € an Investitionsmitteln, mit denen in den kommenden fünf Jahren bestehende Hafenanlagen modernisiert und instandgesetzt werden sollen. Längerfristig soll zudem in ein neues Kreuzfahrtterminal investiert werden.

Der Hafen Le Havre gehört zusammen mit Rouen und Paris zum Joint Venture HAROPA. HAROPA hatte Anfang dieses Jahres mit dem Binnenhafen Straßburg eine Partnerschaft geschlossen, um stärker zusammenzuarbeiten. Es wurden vier Handlungsfelder festgelegt. Die Partner wollen einen Linien-Eisenbahndienst einführen und die Leistungsfähigkeit des transeuropäischen Transportnetzes ausbauen, insbesondere in Bezug auf die Korridore Atlantik, Nordsee–Mittelmeer, Rhein–Alpen und Rhein–Donau. Darüber hinaus soll die Digitalisierung vorangebracht und Frankreich in der europäischen Hafenwirtschaft gestärkt werden.

Bahn-Shuttle statt Feederdienst

Dass die Franzosen mehr Wert auf Transporte ins eigene Hinterland legen, verdeutlicht auch eine neue Bahnverbindung. Der tägliche Service auf der Schiene ist an die großen Hubs im Norden und Süden des Landes angebunden; Le Havre und Fos-sur-Mer. Dort besteht jeweils Anschluss an die weltweiten Liniennetze von MSC, die als zweitgrößte Reederei zusammen mit dem Branchenprimus Maersk die Allianz »2M« betreibt. Mit dem Bahn-Service ermögliche man den Ladungskunden bessere Transitzeiten und Zugänge zu internationalen Märkten, heißt es bei MSC.

Für den europäischen Shortsea-Verkehr bedeutet das allerdings einen Rückschritt. So werde das Bahnangebot den bisherigen Feederdienst zwischen Bordeaux und Antwerpen ersetzen. Dort setzte der Carrier nach Angaben vom Branchendienst Alphaliner bislang das 724-TEU-Schiff »Libertas-H« ein. Der 2007 bei der damaligen Cassenswerft in Emden gebaute Frachter gehört zur Flotte der Reederei Hinsch aus Buxtehude. Im jüngsten Marktbericht von Alphaliner heißt es zudem, dass die Maßnahme ein herber Rückschlag für den Hafen Bordeaux ist. Rund die Hälfte der dort 2017 umgeschlagenen 53.711TEU sollen auf den Dienst von MSC zurückzuführen sein.

Auch im Süden des Landes wird investiert. Mit dem Hafen Marseille-Fos hat die European Investment Bank (EIB) zuletzt die Partnerschaft erneuert und ein Darlehen in Höhe von 50Mio. € gewährt. Das Geld soll für die Hafenentwicklung verwendet werden. Durch die neue Partnerschaft, die sich aus dem Vertrag von 2008 zum Bau des Fos 2XL-Terminals ergibt, sollen fünf Projekte finanziert werden, die insgesamt Investitionen in Höhe von 136Mio. € erfordern. Im östliche Hafenteil stehen Sanierungsarbeiten an zwei Kreuzfahrtterminals sowie die Verbreiterung des nördlichen Zugangs an, durch die der Hafen auch von großen Kreuzfahrtschiffen angelaufen werden können soll. Ferner gibt es Renovierungsbedarf zweier Bunkerstationen. Weitere Maßnahmen betreffen den Ausbau einer Logistikzone, zudem sollen im westlichen Hafenteil die beiden Kais erweitert werden, an denen Container umgeschlagen werden.

Die EFIB-Finanzierung ermögliche dem Hafen nun, wichtige Meilensteine des Plans von 2014-2018 zu erreichen sowie neue zu setzen, die demnächst im strategischen Entwicklungsplan 2019-2023 festgelegt werden sollen.

In Marseille-Fos wurden 2017 insgesamt 1,4Mio. Boxen umgeschlagen und somit im sechsten Jahr in Folge ein Wachstum verzeichnet. Gegenüber dem Vorjahr ist dies ein Anstieg von 10%. Hauptgrund seien drei neue Dienste in Marseille, so der Hafen. Zudem verbesserte sich der Stückgutumschlag auf 20,4Mio.t (+11%). Zum Wachstum trug zusätzlich ein Plus von 11% bei den RoRo-Mengen bei, u.a. legten die Auto­exporte um 18% auf 198.800 Einheiten zu. In diesem Jahr sollen weitere 11ha für Neufahrzeuge hinzukommen.

Auch der Hafen Marseille-Fos unternimmt Anstrengungen, die Eisenbahntransporte voranzutreiben. Im Rahmen einer gemeinsamen Initiative mit dem intermodalen Betreiber Naviland Cargo gibt es sei Mitte März einen Bahn-Shuttle-Container-Service, der Marseille-Fos und Le Havre mit der Schweiz verbindet. Der Service wird dreimal pro Woche angeboten und führt zum schweizerischen Terminal von Chavornay.

Zurzeit würden die französischen Häfen nur einen Bruchteil des Schweizer Containerverkehrs abwickeln, der ein geschätztes Potenzial von 350.000 bis 400.000TEU pro Jahr habe, wie es heißt. Es wird erwartet, dass der neue Dienst aufgrund der verkürzten Transitzeiten einen beträchtlichen Teil des Marktes erobern wird, insbesondere für den Handel über das von Marseille bediente Mittelmeer und für den Verkehr von Le Havre mit Nord- und Südamerika.
Thomas Wägener