Print Friendly, PDF & Email

Mit dem dritten Planergänzungsbeschluss für die Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe steht dem Megaprojekt rechtlich nichts mehr im Weg. Schon in den nächsten Wochen sollen die Bauvorbereitungen starten.

Die Fahrrinnenanpassung ist das wichtigste strategische Ausbauprojek[ds_preview]t für den Hamburger Hafen. Der Ausbau kann erst beginnen, wenn alle bestehenden Mängel behoben sind. Die Umweltschutzorganisationen BUND und NABU hatten gegen die Elbvertiefung geklagt.

Ein sogenanntes Planergänzungsverfahren wurde heute mit einem Planergänzungsbeschluss abgeschlossen. Dabei ging es im Wesentlichen um das Projekt »Tideanschluss Billwerder Insel« und den Schierlings-Wasserfenchel. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte Anfang Februar 2017 eine zusätzliche Ausgleichsmaßnahme für den geplanten Eingriff im Rahmen des europäischen Naturschutzrechts gefordert.

Aus Sicht der Planfeststellungsbehörden des Bundes (zuständig für die Ausbaustrecke von der hamburgischen Landesgrenze bis zur Nordsee) und Hamburgs (zuständig für die so genannte Delegationsstrecke von der Stromspaltung im Osten bis zur Landesgrenze bei Tinsdal) sei die entscheidende Beanstandung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Urteil vom 9. Februar 2017 behoben, teilte der Hamburger Senat heute mit. Rechtlich stehe damit der baulichen Umsetzung des Großprojekts »nichts mehr im Weg«.

»Damit haben wir Baurecht«

»Mit dem heutigen Planergänzungsbeschluss schaffen wir Baurecht für die Fahrrinnenanpassung, die den Hamburger Hafen international deutlich wettbewerbsfähiger machen wird«, sagt Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher. Und sein Wirtschaftssenator Frank Horch ergänzt: »Wir haben seit Februar 2017 intensiv daran gearbeitet, die letzten Bedenken des Gerichts auszuräumen. Jetzt haben wir Baurecht und beginnen in den nächsten Tagen mit Kampfmittelsondierung- und bauvorbereitenden Maßnahmen.« Alle Ausschreibungen seien bereits erledigt, die Ausführung könne unmittelbar beauftragt werden.

Hamburger Hafenwirtschaft erwartet schnellen Baubeginn

Die Hafenwirtschaft forderte umgehend, unverzüglich mit den Maßnahmen zu beginnen. Der vor Hamburg geplanten »Begegnungsbox« müsse in der Bauablaufplanung oberste Priorität eingeräumt werden, sodass schnell erste Verbesserungen im Zu- und Ablauf zum Hamburger Hafen möglich seien, so der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH).

Durch die unverhältnismäßig lange Planungs- und Genehmigungsdauer der Fahrrinnenanpassung, mit deren Planungen bereits 2001 begonnen worden sei, habe der Hamburger Hafen Marktanteile an Wettbewerber verloren. Unter weltwirtschaftlich schwierigen Rahmenbedingungen beginne nun ein langer Aufholprozess, verlorene Marktanteile zurückzugewinnen.

Gunther Bonz, Präsident des UVHH erklärt: »Bei aller Freude über den Ausbaubeginn darf aber nicht vergessen werden, dass dieses Projekt von den ersten Planungen bis zur endgültigen Realisierung mehr als 20 Jahre dauern wird. Solch lange Genehmigungsverfahren sind im schärfer werdenden internationalen Wettbewerb nicht vertretbar. Daher ist dringend eine grundlegende Reform der maßgeblichen europäischen Umweltnormen und des nationalen Planungsrechts notwendig.«

Eine Chronologie der Entwicklung finden Sie hier

»Jeder Tag ohne Elbvertiefung wirft den Hamburger Hafen weiter zurück. Die aktuellen Zahlen offenbaren eine dramatische Entwicklung beim Umschlag: Der Hamburger Hafen schrumpft gegen den Trend der Nordrange-Häfen, weshalb der Senat auch über die Fahrrinnenanpassung hinaus weitere Wachstumsimpulse setzen muss«, kommentiert der Vorsitzende der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Michael Kruse. Die Umweltverbände müssten auf eine erneute Anfechtung der Elbvertiefung verzichten, denn mit dem jetzt vorgelegten Ergänzungsbeschluss sei ein fairer Ausgleich zwischen Ökologie und Wirtschaft erreicht.

Das Projekt

Die Vertiefung und Verbreiterung der Fahrrinne soll rund zwei Jahre dauern und mehr als 600 Mio. € kosten. Bei der »bedarfsgerechten« Ausbaggerung handelt sich nicht um eine flächendeckende Vertiefung, sondern um die Abtragung verschiedener Erhebungen vom Elbgrund.

Elbvertiefung
Foto: HHM

Künftig soll Schiffen mit Tiefgängen bis zu 13,50 m (tideunabhängig) beziehungsweise 14,50 m (tideabhängig) die Zu- und Abfahrt ermöglicht werden. Auf rund 40% der Länge ist die Fahrrinne bereits ausreichend tief. Hinzu kommt eine notwendige Verbreiterung des Fahrwassers an bestimmten Stellen. Mit den Maßnahmen soll es »der überwiegenden Mehrzahl der weltweit eingesetzten Containerschiffe« möglich gemacht werden, hinreichend beladen und damit zu wirtschaftlich attraktiven Bedingungen den Hamburger Hafen anzulaufen.

Die Gegner der Vertiefung halten die Maßnahme für wirtschaftlich überflüssig und ökologisch nicht vertretbar. Sie befürchten, dass die Ausbaggerung dem Ökosystem nachhaltig schadet, was gegen die europäische Wasserrahmenrichtlinie verstoßen würde. Als überflüssig bewerten Umweltschützer die Elbvertiefung, weil sich die drei großen deutschen Häfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven ihrer Meinung nach zusammen als »German Ports« im Markt präsentieren sollten. Vor allem am JadeWeserPort können auch die größten Containerschiffe abgefertigt werden.

Hamburg wieder mit rückläufigem Umschlagergebnis

Nur wenige Stunden vor dem Senatsbeschluss hatte der Hamburger Hafen seine Umschlagergebnisse für das erste Halbjahr 2018 präsentiert. Der Gesamtumschlag erreichte 66,5 Mio. t, dies entspricht einem Rückgang von -4,9 %. Der Containerumschlag blieb im ersten Halbjahr 2018 mit 4,3 Mio. TEU (-2,7 %) leicht unter dem Vorjahresergebnis. Axel Mattern, Vorstand Hafen Hamburg Marketing, hatte dazu erklärt: »Dass Reeder vor dem Hintergrund der noch nicht realisierten Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe ihre Stellplatzkapazitäten auf den großen Containerschiffen bei Hamburg-Anläufen in erster Linie für beladene Boxen nutzen, ist verständlich. Transhipmentladung im Feederverkehr und leere Container sind im Gegensatz zu der für den regionalen Bereich bestimmten Ladung und beladenen Boxen weniger hafengebunden.«

Als Verwaltungsentscheidung kann der 3. Planergänzungsbeschluss wie jeder andere Verwaltungsakt natürlich rechtlich angefochten werden. Dafür muss ein Rechtsmittelverfahren beim Bundesverwaltungsgericht angestrengt werden. Hans-Heinrich Witte, Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS), meint zu dieser Möglichkeit: »Die vom Gericht benannten Fehler wurden sorgfältig abgearbeitet. Ich sehe deshalb keinen Grund für die Umweltverbände, das so wichtige Vorhaben der weiteren Fahrrinnenanpassung durch eine erneute Klage weiter zu verhindern oder zu verzögern. Denn eins ist klar, wenn die Fahrrinnenanpassung nicht kommt, leidet darunter nicht nur die deutsche Wirtschaft. Die für die Region und die Umwelt günstigen Maßnahmen des Projekts würden dann ebenfalls nicht kommen.«