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Wie gut bereitet die Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann auf den Berufsalltag vor, was sollte man dafür mitbringen, was daraus mitnehmen? Zwei Organisatoren des Youngster Shipbroker Meeting (YSM), Sebastian Köhler und Johannes Pfeiffer, geben Auskunft

Wie seid ihr zur Schifffahrt gekommen, wie sahen eure Ausbildungswege aus?

Sebastian Köhler: Ich habe nach dem Realschulabschluss[ds_preview] eine Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann gemacht. Nach dem Ende der Ausbildung bei UCA auf der Brunsbütteler Schleuse wurde ich für ein Jahr übernommen. Dann kam der Zivildienst in der Deutschen Seemannsmission in Hamburg, danach fing ich bei der Reederei Ahrenkiel als Crew Superintendent an. In der Krise schloss Ahrenkiel die Türen und ich wechselte zur Reederei Böhe, Lubeca Marine Management nach Lübeck. Mittlerweile arbeite ich dort seit vier Jahren als Senior Crew Operator. Es wird nie langweilig und jeder Tag bietet neue Herausforderungen, man muss immer auch einen Plan B und C in der Schublade haben. Mir liegt die tägliche Kommunikation mit Menschen auf der ganzen Welt, das bringt mir seit Jahren viel Freude.

Johannes Pfeiffer: Ich habe 2009 meine Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann bei HANSE Bereederung begonnen und währenddessen neben der Befrachtungs- und Operationsabteilung auch verschiedene Abteilungen bei Columbia Shipmanagement durchlaufen. Beide Firmen gehören zur selben Holding, das gab mir die Möglichkeit alle Seiten der Trampschifffahrt von Befrachtung über Ops, Technical Management und den technischen Einkauf kennenzulernen. Außerdem hatte ich bei HANSE/CSM die Möglichkeit, zwei Monate im Büro auf Zypern zu verbringen, wo es weitere Abteilungen gab – ein toller Teil meiner Ausbildung.

Wie wichtig ist es, während der Ausbildung Auslandserfahrung zu sammeln?

Pfeiffer: Ich glaube, dass es gerade in der Schifffahrt sehr wichtig ist, entweder im Ausbildungsbetrieb oder während eines Auslandssemesters solche Erfahrungen zu sammeln. Auch wenn ich mittlerweile nicht mehr für meinen Ausbildungsbetrieb arbeite, habe ich immer noch beruflich mit Columbia Shipmanagement auf Zypern zu tun. Das hat mir den Einstieg bei meinem aktuellen Arbeitgeber enorm erleichtert und auch ihm weitergeholfen. .

Köhler: Im besten Fall bietet der Ausbildungsbetrieb an, bei einem Partner im Ausland reinzuschnuppern. Zum Beispiel bei einem Agenten in einem ausländischen Hafen oder bei einem Befrachter in Großbritannien. Man lernt Unternehmensabläufe, Land und Sprache besser kennen.

Wie viel kann man von den Ausbildungsinhalten später nutzen?

Köhler: Beim Wechsel von der Schleuse in den Crewing-Bereich einer Reederei musste ich sehr viel dazulernen – die Einarbeitung in diesen speziellen Bereich als Assistent dauerte ein halbes Jahr. Der neue Aufgabenbereich war kein Teil der schulischen Ausbildung. Als Agent auf der Schleuse hat man mit Reedereiaufgaben ebenfalls keine Berührungspunkte.

Pfeiffer: Natürlich kann der Stoff in der Berufsschule nicht immer auf dem neusten Stand sein, aber in Verbindung mit dem Wissen, dass im Ausbildungsbetrieb vermittelt wurde, ist es eine sehr gute Grundlage. Der Unterricht in der Berufsschule ist sehr allgemein und muss viele Bereiche abdecken, genau wie der Beruf des Schifffahrtskaufmannes. Beim Wechsel von »einfachen« Eigner-Operations zu kommerziellen Chemikalientanker-Operations ist mir aufgefallen, dass ich jetzt ganz andere Bereiche der schulischen Ausbildung nutze als vorher. Hatte ich in meinem alten Job nur wenige Berührungspunkte mit dem Stauen oder Bills of Lading, ist das jetzt mein tägliches Brot. Nichtsdestotrotz muss man bereit sein, täglich Neues zu lernen und sich ständig informieren und weiterbilden, um mit den wechselnden Gesetzgebungen und neuen Anforderungen auf Stand zu bleiben.

Wie sehen die Entwicklungsperspektiven für Schifffahrtskaufleute aus?

Köhler: Aktuell weiß ich von vielen Firmen, die gutes und motiviertes Personal suchen. Anders als beispielsweise in der Seefahrt, wo Interessierte derzeit kaum Ausbildungsplätze bei deutschen Reedern finden, ist die Ausbildung an Land immer noch attraktiv und die Jobaussichten sind gut. Gleiches gilt für die Flexibilität bei Jobwechseln: Das Grundgerüst lernt man in der Ausbildung, als junger Mensch sollte es dann kein Problem sein, sich anzupassen und dazuzulernen.

Pfeiffer: Wenn man willens ist zu lernen, jederzeit erreichbar zu sein und Energie in die Arbeit zu stecken, kann man mit dieser »allgemeinen« Ausbildung viele verschiedene Berufe ausüben und weit kommen. So kann man in einem Beruf wie dem des Hafenagenten viel Wissen und Erfahrung für andere Berufe sammeln, ohne dafür eine neue Ausbildung machen zu müssen. Außerdem halte ich es für wichtig, dass gerade Schiffsmakler vorher auch in anderen Bereichen wie zum Beispiel Operations oder in einer Linienagentur gearbeitet haben, um die praktische Umsetzung und die praktischen Folgen der Verträge zu verstehen, die sie später schließen.

Wie steht es um internationale Wechsel?

Köhler: Wenn der Wille da ist, ins Ausland zu wechseln, gibt es viele Headhunter , die Kontakte herstellen können.

Pfeiffer: Das deutsche Ausbildungssystem ist hoch angesehen und gerade in der Schifffahrt ist ein internationaler Jobwechsel sehr einfach. Entweder geht man in eine ausländische Niederlassung des eigenen Betriebes, oder man wechselt ins Ausland für einen Betrieb, den es wahrscheinlich auch in Deutschland gibt und der somit weiß, was ein deutscher Schifffahrtskaufmann gelernt hat.

Wie wichtig sind Kontakte und das Netzwerken in der Branche?

Köhler: Kontakte können einen wie in jedem anderen Berufszweig immer weiterbringen – und sei es nur, um den Horizont zu erweitern. In Gesprächen mit anderen erfährt man mitunter von Bereichen, in die man vorher gar keinen Einblick hatte. Das Networking beginnt direkt in der Berufsschule, wo man Kollegen aus anderen Firmen kennen lernt.

Pfeiffer: Kontakte sind fast das Wichtigste in dieser Branche, gerade weil fast alle die gleiche Ausbildung haben und schon in den verschiedensten Schifffahrtskaufmanns-Jobs gearbeitet haben können.


Interview: Felix Selzer