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Der 15. September 2008 war der Tag, an dem die Krise Einzug hielt. Der Zusammenbruch von Lehman Brothers löste erst eine Finanzkrise aus, dann eine Wirtschaftskrise. Die Schifffahrt leidet bis heute unter den Spätfolgen.

Die Lehman-Pleite hat eine wirtschaftlichen Abschwung einge[ds_preview]leitet, den Experten heute als den gravierendsten der vergangenen 100 Jahre ansehen. In der Schifffahrt, eigentlich an extreme Aufwärts- und Abwärtszyklen gewöhnt, sorgte dies für eine riesige Schockwelle, gefolgt von einem bis heute anhaltenden Kater, schreibt Steve Gordon, Chefanalyst von Clarksons Research.

Ein kurzer Rückblick: Die Krise habe – trotz aller Warnsignale – die Schifffahrt mit voller Wucht getroffen. Denn sie sei unvermittelt aus einer fünfjährigen Phase mit historisch hohen Frachtraten tief in die Rezession gefahren.

Ein Vergleich belegt dies: Die Einnahmen für Capesize-Bulker sackten quasi »über Nacht« von 300.000 $/Tag im Juni 2008 auf nur noch 6.000 $/Tag im Oktober und sogar nur noch 2.000 $/Tag im November 2008 ab.

Clarksons, Lehman, Rückblick
Die Grafik zeigt die Veränderungen von 2008 gegenüber 2018 (Grafik: Clarksons)

Während sich der Tankermarkt vor allem durch das Ausrangieren der Einhüllentanker stabil halten konnte, wurde zwischenzeitlich mehr als jedes zehnte Containerschiff (12%) aus dem Verkehr genommen.

Die Grafik von Clarksons zeigt, welche liegen die Preise und Raten noch heute deutlich unter den Werten in der Woche vor dem Lehman-Crash. Trotz der langen Rezession könne man aber nicht von einem »verlorenen Jahrzehnt« sprechen, meint Gordon.

Denn es habe auch überraschende Erholungsphasen gegeben. So seien die Capesize-Raten bereits 2009 wieder auf 70.000 $/Tag angestiegen, nachdem Chinas Stahlproduktion im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugenommen hatte. Solche »Spitzen« habe es auch im LNG-Sektor (2012), bei LPG-Tankern (2014-2015), Tankern (2015) und im Offshore-Segment gegeben (2013-2014). 2010 und 2013 habe es regelrechte Wellen von Neubau-Bestellungen gegeben, der S&P-Markt habe im vergangenen Jahr seine Blüte erlebt. »Es konnten durchaus, begünstigt durch die niedrigen Zinsen, viele Geschäfte geschlossen werden«, sagt Gordon.

Weltflotte um 67% gewachsen

Die Ablieferungen der Werften seien in den vergangenen zehn Jahren um 16% auf 80 Mio. tdw zurückgegangen, nachdem die weltweit platzierten Aufträge ein Rekordniveau von ca. 650 Mio. tdw erreicht hatten – das entspricht 55% der fahrenden Flotte. Das Flottenwachstum erschien zwischenzeitlich erschreckend, der Spitzenwert wurde 2011 mit einer Zunahme von 9 % erreicht. »Das Plus von 2,6 % in diesem Jahr ist da deutlich gesünder«, so der Analyst. Obwohl sich die jährliche Verschrottung älterer Tonnage seit 2008 verdoppelt habe, sei die Weltflotte dennoch um erstaunliche 67% (1,96 Mio. tdw) gegenüber dem Krisenjahr 2008 gewachsen.

Im Jahr 2009 hatte es, erst zum zweiten Mal in der Geschichte überhaupt, einen Volumenrückgang im Seeverkehr gegeben, insgesamt um -4%, beim Öltransport um -3%, im Bulker-Segment ebenfalls um -3% und in der Containerschifffahrt sogar um -9%.

Seither ist der Trend sehr viel positiver, schreibt Gordon. Der Zuwachs nach 2009 liegt bei insgesamt 38% auf zuletzt 12,0 Mrd. t. Begünstigt durch die wirtschaftliche Entwicklung in China einschließlich von Konjunkturprogrammen und Infrastruktur-Investitionen habe vor allem der Massengutsektor zulegen können (+1,7 Mrd. t). »Das sollte als gutes Omen für das kommende Jahrzehnt genommen werden«, heißt es abschließend.