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Faserverbundwerkstoffe (FVK) wie Glas- oder Kohlenstofffaser-verstärkte Strukturen finden immer mehr den Einzug in den Bereich der maritimen Industrie. Ein aktuelles Projekt zeigt das große Potenzial

Diese Werkstoffe sind seit Jahren aus dem Boots- und Yachtbau, aber auch aus der Windenergie nicht mehr wegzudenken. Ebenfalls wird[ds_preview] der Einsatz dieser Werkstoffe und Prozesse in der klassischen Schiffbauindustrie immer interessanter.

Eines der großen erfolgreichen Produkte ist die Korvetten-Klasse »Visby« der schwedischen Marine: Hier wurden seit dem Jahr 2000 fünf Schiffe aus kohlenstoffverstärktem Sandwichmaterial gefertigt und konnten überragende Eigenschaften bei Gewicht und Widerstandsfähigkeit zeigen. Europaweit sind seit dieser Zeit mehrere kleinere Schiffe, besonders für den Personenverkehr, aus FVK gebaut worden. Um diese Technologie auch bei seegehenden Schiffen, die den SOLAS-Vorschriften unterliegen, einzusetzen, wurden unter anderem in mehreren von der Europäischen Union geförderten Projekten der Einsatz und dazu erforderliche Maßnahmen, besonders in Hinblick auf den Brandschutz, erforscht.

800 t weniger Gewicht

Die Ergebnisse zeigen, dass es sich um eine Frage der Zeit handelt, bis FVK großflächig im Schiffbau in Mischbauweise zusammen mit Stahl eingesetzt werden. Das Potenzial von Gewichtsreduzierung und den Widerstand gegen Korrosion zeigt das Beispiel des Autotransporters »Siem Cicero«, wo der Bau einer Mischstruktur mit FVK in den oberen Decks zu 25% Gewichtsreduzierung im Vergleich zur reinen Stahlstruktur geführt hat – in Summe 800 t Gewichtsersparnis.

Eine Schlüsseltechnologie für die Stahl-FVK-Mischbauweise ist die Verbindungstechnologie. So eignen sich die in anderen Industriezweigen – wie Automobil- oder Flugzeugbau – benutzten Fügetechnologien Kleben und Nieten oder Bolzen nicht für die Schiffbauindustrie. Zum einen sind die Nachweisführung und das Testprozedere von Klebungen im Schiffbau nicht normiert. Zum anderen müssen Eigenschaften, wie etwa die Lebensdauer von bis zu 20 Jahren, nachgewiesen werden. Ein schwieriges und langwieriges Prozedere der Zulassung – oft für den Einzelfall – ist das Resultat für die von kurzen Konstruktionszeiten geprägte Schiffbauindustrie. Auch Bauweisen mittels Nieten oder Bolzen können den heutigen Konstruktionen und Prozessgeschwindigkeiten nicht gerecht werden.

Eine alternative Verbindungstechnologie wurde im Forschungsprojekt FAUSST (Faser und Stahl Standard Verbinder) entwickelt. Dabei handelt es sich um ein Halbzeug, welches aus einem metallischen Halbzeug besteht, an das eine oder mehrere Lagen hybrides Gewirk geschweißt wird. Der Vorteil des Verbinders ist, dass er auf der Gewirkseite mit in der FVK-Industrie gängigen Verfahren in ein Faserverbundbauteil gefügt werden kann, wohingegen er dann nach dem Laminieren stahlseitig mittels Schweißen an eine Stahlstruktur gefügt werden kann. Die Art des Halbzeuges kann dabei variieren und der Verbinder für verschiedene Geometrien gefertigt werden.

Hybrides Gewirk

Um den Anforderungen einer standardisierten Methode unter schiffbaulichen Aspekten zu genügen, verbindet FAUSST bereits auf Ebene des Gewirkes die beiden Materialien miteinander, hier Glasfasern und Stahlfasern: Die verschiedenen Fasern werden zu einem Textil verwirkt. Dabei wird eine Seite aus reinen Stahlfasern, die gegenüberliegende aus reinen Glasfasern gefertigt. Zwischen ihnen entsteht ein hybrides Gewirk. So sind bereits hier beide Materialien mechanisch miteinander verbunden. Eine oder mehrere dieser Gewirke können dann an ihrer Stahlseite mit einem Halbzeug unter Widerstandsschweißen gefügt werden. Je nach Geometrie der Halbzeuge können so monolithische FVK-Bauteile oder sogar Sandwich-FVK-Bauteile bis hin zu Rohrprofilen realisiert werden.

Mit der Anzahl der verarbeiteten Lagen des Gewirks kann die Festigkeit eingestellt werden. So konnte mit einem symmetrischen Aufbau mit vier Lagen Gewirk Zugfestigkeiten von 12 kN auf Zug und 9 kN auf Druck auf ein 50mm Verbindungslänge erreicht werden. Dabei weist die Geometrie des Verbinders eine sehr schmale Überlappung aus.

Während der FVK-Bauteilherstellung kann das Halbzeug leicht in die Fertigung integriert werden, in dem die einzelnen Gewirklagen mit einlaminiert werden. Das Ergebnis ist nach der Harzinfusion ein FVK-Bauteil mit einem fest integrierten Stahlsaum. Dieser ist durch das hybride Gewirk mechanisch gesichert und genügt somit den Sicherheitsanforderungen der Klassifikationsgesellschaften. In einem letzten Schritt kann dann das stahl-besäumte FVK-Bauteil mit auf der Werft gängigen Prozessen an eine Stahlstruktur geschweißt werden.

Neben den fertigungstechnischen Vorteilen von FAUSST laufen die Vorbereitungen für die Zertifizierung durch eine Klassifikationsgesellschaft. Angestrebt wird hier ein Zertifizierung der Eigenschaften und des allgemeinen Einsatzes, sodass FAUSST als Standardverbindung unter definierten Lasten verwendet werden kann.

Öffentliche Förderung

Aus dem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekt wurde die Hyconnet gegründet, um FAUSST zur Produktreife weiterzuentwickeln und um einen baldigen Einsatz im Schiffbau zu ermöglichen. Das Forschungsprojekt FAUSST wurde gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages im Rahmen der Industriellen Gemeinschaftsforschung. Das CMT hat in Kooperation mit der Schweißtechnischen Lehr- und Versuchsanstalt Mecklenburg-Vorpommern dieses Projekt durchgeführt. Ein besonderer Dank gilt den Firmen Fritz Moll und Saertex.


Lars Molter, Rafael Luterbacher