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Angesichts großer Verzögerungen wünscht sich die deutsche Marine von den hiesigen Werften wieder mehr Verlässlichkeit und Qualität für ihre Neubauten.

»Mit 46 Schiffen und Booten besitzt die deutsche Marine die kleinste Flotte seit ihrer Gründung«, sagte Vizeadmiral Andreas Kraus[ds_preview]e jetzt bei einer Veranstaltung des Deutschen Marinebund (DMB) in Kiel. Der Inspekteur der Marine setzt auf Kurswechsel. Er verwies auf die 30 Mrd. € für bewilligte und geplante Projekte. Mit Blick auf die technischen Probleme mit Tankern, U-Booten und Fregatten forderte Krause eine schnellere Umsetzung der Pläne als es bislang der Fall war. Es müsse gelingen, die Prozesse zu optimieren, die regulatorischen Hürden zu senken und Planungsabläufe zu verkürzen. »All das muss für uns höchste Priorität haben.«

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Foto: Behling

Der Admiral richtete klare Worte an die deutschen Werften: »Ich würde es begrüßen, wenn wir als deutsche Marine wieder der Premium-Kunde werden könnten.« Er erinnerte daran, dass vonseiten der Industrie die Auslieferung der ersten Fregatte der Klasse 125 bereits für Ende 2017 zugesichert wurde. »Inzwischen hoffe ich auf Auslieferung im ersten Quartal 2019.« Ein weiterer Punkt, betonte Krause, seien zu lange Werftzeiten. Von den 46 Einheiten seien 23 in den vergangenen Monaten in der Werft gewesen. Das seien zu viele. »Wir brauchen eine maritime Industrie, die für uns ein verlässlicher Partner ist.«

Eine Forderung, die auch sofort aufgenommen wurde. »Wir müssen bei der Beschaffung solcher Großprojekte mit dem Nutzer und dem Beschaffungsamt wieder zu einer ehrlichen und vertrauensvollen Zusammenarbeit und Partnerschaft zurückkehren«, sagte Dieter Rottsieper von der Privinvest Holding, zu der die Werftengruppe Nobiskrug und German Naval Yards gehören. Er zeigte sich durchaus selbstkritisch. »Die Industrie muss sich öffnen und die Marine und das Baainbw als Kunden behandeln. Wir als Industrie sind bereit die Vergangenheit kritisch zu hinterfragen. Es hat Fehler bei den großen Beschaffungsprojekten gegeben und wir als Industrie müssen uns anders aufstellen. Dazu gehört ein anderes Projektmanagement, dazu gehören aber auch andere Prozesse. Wir sind aber dabei unsere Hausaufgaben zu machen«, sagte Rottsieper. Er war bei dem Abgeordnetentag kurzfristig für den Geschäftsführer Dieter Herwig von der Werft German Naval Yards eingesprungen, der für die finalen Verhandlungen zum Projekt MKS180 in Koblenz war. Die Vergabe dieses Großprojekts wird noch zum Jahreswechsel erwartet.

Industrie kritisiert Vergabeverfahren

Beim Auswahlverfahren für das Projekt MKS180 arbeitet German Naval Yards mit Thyssenkrupp Marine Systems in einem Team. TKMS-Manager Christian Stuve koordiniert die Kontakte bei Projekten. »Die deutsche Marine bleibt der Premiumkunde der deutschen Marineschiffbauindustrie«, versprach Stuve. Mit Blick auf das MKS180 kritisierte er aber das gewählte Ausschreibungsverfahren. »Eine mögliche Vergabe von Marineaufträgen ins Ausland ist der falsche Weg. Die Marineindustrie ist eine strategische Industrie«, so Stuve.
Eine Forderung, die auch Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) voll unterstützte. »Jedes U-Boot, das in Kiel gebaut und verkauft wird, kann ich direkt am Bruttoinlandsprodukt von Schleswig-Holstein ablesen«, sagte Günther. Es gehe hier um High-Tech-Arbeitsplätze. Auf den Werften entstehe eine Wertschöpfung, die im ganzen Bundesland spürbar sei.

Marine bald deutsche Schlüsseltechnologie?

Ein klares Bekenntnis gab es auch zum Export. Wenn die besten Brennstoffzellen-U-Boote aus Kiel kämen, dann sollten sie auch hier gebaut werden, sagte er. Mit Blick auf die Ausbaupläne mehrerer Konzerne wie beispielsweise Thales begrüßte Günther, dass sie Schleswig-Holstein als Standort ausgewählt haben. Ein wichtiges Signal sei deshalb auch die Einstufung des Marine-Überwasserschiffbaus als Schlüsseltechnologie. Nur so könne dieses Know-how hier im Land gehalten werden. Zentrales Element seien das Projekt Mehrzweckkampfschiff 180, neue Tanker und Minenjäger.

Norbert Brackmann Maritimer Koordinator
Foto: CDU/CSU/Laurence Chaperon

»Es ist daher richtig, dass wir die Trendwende bei den Verteidigungsausgaben eingeleitet haben«, sagte Norbert Brackmann, Maritimer Koordinator der Bundesregierung. »Mittelfristig wollen wir 1,5 % des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgeben. Langfristig müssen wir – unabhängig davon, wer im Weißen Haus regiert – auch das Zwei-Prozent-Ziel der Nato erreichen.« Von ihm gab es auch die Zusage, dass der Marine-Überwasserschiffbau in Deutschland schon bald zur nationalen Schlüsseltechnologie ernannt wird. »Ich rechne damit entweder zum Jahresende oder zum Beginn des ersten Quartals 2019«, so Brackmann. Damit wären die Marineaufträge von europaweiten Ausschreibungen ausgenommen. (FB)