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Weil die Bundesnetzagentur eine Überlastung des Stromnetzes fürchtet, wird offenbar die Landstromversorgung von Kreuzfahrtschiffen in Hamburg nach 2,5 Stunden gekappt. Die Luxusliner nutzen stattdessen wieder ihre bordeigenen Diesel-Motoren.

20 Mal habe das Kreuzfahrtschiff »AIDA[ds_preview]sol« in diesem Jahr in Altona festgemacht, berichtet der NDR, und sei in den meisten Fällen ganztägig mit Landstrom versorgt worden. Der Sender beruft sich dabei auf AIDA-Sprecher Hansjörg Kunze. Doch seit Anfang September sei der Landstrom nur noch von jeweils von 8 bis 10.30 Uhr genutzt worden, danach sei er abgestellt worden.

Grund dafür sei das sogenannte Hochlastzeitfenster, das die Bundesnetzagentur veranlasst habe, den Preis für den Landstrom außerhalb dieses Zeitfenster drastisch zu erhöhen, um einer zu hohen Netzbeanspruchung in Deutschland entgegen zu wirken. So lautet nach Informationen des NDR die Antwort des Hamburger Senats auf eine sogenannte Kleine Anfrage der Linken in der Bürgerschaft.

Die Folge: Das Schiff sei stattdessen über die bordeigenen Dieselgeneratoren mit Energie für den Hotelbetrieb versorgt worden. Dies sei sogar um ein Vielfaches günstiger gewesen. Dem Vernehmen nach ist bordeigener Strom nur ein Drittel so teuer im Vergleich zu Landstrom. Die Rede ist von einer Preis-Differenz von mehr als 100.000 €.

Landstrom
Landstromanlage in Hamburg-Altona (Foto: HPA)

Die »AIDAsol« ist das einzige Kreuzfahrtschiff, das überhaupt Landstrom in Altona bezieht. »Das Ganze ist absurd«, wird der scheidende Hamburger Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) zitiert. Offenbar würden zwei Bundesministerien gegeneinander arbeiten: Während das Umweltministerium die Landstrom-Anlage seinerzeit mitfinanziert habe, mache das Wirtschaftsministerium als Aufsichtsbehörde der Bundesnetzagentur die Bemühungen für eine umweltfreundliche Stromversorgung von Schiffen wieder zunichte.

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Foto: HPA

Das ganze System drohe damit zum Rohrkrepierer zu werden, kritisiert auch Michael Kruse, Fraktionschef der Hamburger FDP. Die Anlage am Kreuzfahrtterminal in Altona, geliefert von Siemens, galt bei ihrer Einweihung vor zwei Jahren als Pilotprojekt und hatte rund 10 Mio. € gekostet. Im April dieses Jahres hatte die Hamburg Port Authority (HPA) noch eine positive Zwischenbilanz gezogen. »Für die HPA ist der Betrieb der Landstromanlage eine Erfolgsgeschichte«, sagte damals Tino Klemm, CFO der Hafenbehörde.

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Pilotphase Ende 2016 war die »AIDAsol« im Mai dieses Jahres erstmals während der kompletten Liegezeit mit Ökostrom von Land aus versorgt worden. Hamburg Energie, AIDA Cruises und die HPA hatten zuvor einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen. Umweltverbände hatten immer wieder die Belastung mit Abgasen durch Kreuzfahrtschiffe in innerstädtischen Bereichen beklagt.

Während des sogenannten »Diesel-Gipfels« hatten die Bundesminister und Ministerpräsidenten im April 2017 noch angekündigt, ein Förderprogramm für Landstrom in See- und Binnenhäfen entwickeln zu wollen. Die Verringerung der Schadstoffemissionen von Schiffen während der Liegezeiten sei ein wichtiger Beitrag zur Luftreinhaltung in den Hafenstädten. Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) hatte dies begrüßt. Der Verband hatte aber damals bereits darauf hingewiesen, dass dafür die EEG-Umlage für die Landstromnutzung fallen müsse. Diese Umlage stelle das entscheidende Hemmnis dar.

Der Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments setzt sich dafür ein, die Landstromversorgung für Schiffe in europäischen Häfen von der Steuer zu befreien. Derzeit ist es für Reedereien günstiger, Strom über die eigenen Motoren an Bord zu produzieren.