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Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) hat ihren Untersuchungszwischenbericht zur Strandung des Bulkcarriers »Glory Amsterdam« nördlich von Langeoog 2017 veröffentlicht – und regt Verbesserungen im Notfallmanagement an.

Am 29. Oktober 2017 gegen 18:00 Uhr MEZ strandet[ds_preview]e ca. 1,6 sm nördlich der Nordseeinsel Langeoog der in Panama registrierte Bulk Carrier »Glory Amsterdam«. Das Schiff war seit dem frühen Morgen des Unfalltages bei Orkanwindstärken und Wellenhöhen von bis zu 8 m von seiner 18,5 sm vom späteren Unfallort entfernten Ankerposition in südliche Richtung abgertrieben. Das Schiff, dessen Außenhaut durch die Grundberührung nicht beschädigt wurde, konnte am 2. November 2017 freigeschleppt werden. Der Verlauf der Ereignisse ist hier nachzulesen.

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Foto: Havariekommando

Die Untersuchungen der BSU konzentrierten sich auf die Frage, warum es trotz den vielfältigen Aktivitäten des das Krisenmanagement koordinierenden Havariekommandos (HK) in Cuxhaven und insbesondere trotz dem Einsatz des Notschleppers »Nordic« nicht gelang, die Strandung zu verhindern. Die Komplexität der weitgehend abgeschlossenen Unfalluntersuchung bedinge eine Überschreitung der 12-monatigen Regelfrist bis zur Veröffentlichung des Untersuchungsberichtes, so die BSU. Gemäß den gesetzlichen Vorgaben werde deshalb ein Untersuchungszwischenbericht herausgegeben, der eine Vorab -Sicherheitsempfehlung an das Bundesverkehrsministerium (BMVI) beinhaltet.

Boarding Team nicht rechtzeitig an Bord

Im Ergebnis der Untersuchungen der BSU stehe »mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit« fest, dass es nicht zu der Strandung der »Glory Amsterdam« gekommen wäre, wenn rechtzeitig ein Boarding Team an Bord des Havaristen für eine klare und eindeutige Kommunikation zwischen dessen Schiffsführung einerseits und dem Notschlepper »Nordic« sowie dem HK und der Verkehrszentrale German Bight Traffic (Vkz) andererseits gesorgt hätte. Vor allem aber hätte das Boarding Team die Decksbesatzung bei der Herstellung einer Schleppverbindung unterstützen und höchstwahrscheinlich die »verhängnisvolle, vollkommen falsche Festlegung des Befestigungspunktes der Schleppleine« an Bord der »Glory Amsterdam« verhindern können.

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Positionen der »Glory Amsterdam« am Unfalltag (Quelle: BSU)

Ursächlich dafür, dass ein Boarding Team, nämlich das Team für die Ostsee, erst am späten Nachmittag und damit viel zu spät auf dem Havaristen abgesetzt werden konnte, war vor allem die Tatsache, dass es nicht gelungen war, das an Bord der »Nordic« befindliche Nordsee-Team auf den Havaristen überzusetzen. Der schwere Seegang machte die Aktion mit einem Hubschrauber der Bundespolizei unmöglich – nicht zuletzt wegen der baulichen Gegebenheiten an Bord des Notschleppers.

Die Konsequenz könne nur darin bestehen, ein Boarding Team auch für den Bereich der Nordsee an Land – im Optimalfall im Bereich des Stützpunktes der für die maritime Notfallvorsorge vorgesehenen Bundespolizeihubschrauber in Fuhlendorf – zu stationieren, so die BSU. Von dort aus könnte das Boarding Team ohne jeglichen Zeitverlust direkt zum Havaristen befördert werden.

Notschlepper nicht als Behördenschiff erkennbar

Ein weiterer Aspekt, den die Untersuchung zweifelsfrei zu Tage gefördert habe und der den Verlauf der Ereignisse maßgeblich geprägt habe, sei, dass die Schiffsführung der »Glory Amsterdam« trotz allen Bemühungen der Vkz und der Schiffsführung der »Nordic« nicht zweifelsfrei verstanden hatte, mit welchem Auftrag und auf welcher rechtlichen Grundlage die »Nordic« vor Ort agierte. Der Kapitän der »Glory Amsterdam« schwankte demnach den gesamten Tag hinweg immer wieder zwischen der Vermutung, die »Nordic« sei der von ihm am frühen Morgen georderte Assistenzschlepper und der Befürchtung, die »Nordic« wolle als kommerzieller Bergungsschlepper agieren, hin und her.

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Notschlepper »Nordic« (Foto: Havariekommando)

Die BSU sieht daher als erforderlich an, dass die im hoheitlichen Auftrag agierenden Notschlepper auch äußerlich als solche wahrgenommen werden können. Hier wäre durch den Bund, der den Notschlepper von privaten Betreibern chartert, zu prüfen, ob eine solche Kenntlichmachung im Rahmen der geltenden Gesetze und Beschlüsse durchführbar ist.

Der Untersuchungszwischenbericht der BSU ist hier einsehbar