Print Friendly, PDF & Email

Die Prämieneinnahmen für Waren- und Schiffsversicherer sind zwar leicht gestiegen, aber nach wie vor unzureichend. IUMI warnt vor Großrisiken, schreibt Michael Hollmann

Das Transport- und Schifffahrtsgeschäft bleibt für die Versicherungswirtschaft chronisch defizitär: 2017 dürfte ein weiteres vo vielen verlustreichen Jahren werden. Das[ds_preview] lässt die jüngste Jahresstatistik zu Prämien und Schäden der International Union of Marine Insurance (IUMI) erkennen. So liegen die Bruttoschadensquoten in den Hauptsegmenten Warentransport (Cargo) und Seekasko deutlich höher als im Vorjahr: bei rund 66% (Ware) sowie 64,6% (Seekasko).

Bei einem typischen Verlauf würden sich die globalen Schadensquoten auf mehr als 80% bzw. sogar auf deutlich über 90% verschlechtern. Damit blieben den Versicherern nur knapp 20% bzw. 10% der Prämien für Verwaltungs-, Vertriebs- und Kapitalkosten – nötig wären rund 30%.

Für die Schiffsversicherer läuft es das schlechteste Jahr seit 2000 hinaus. »Mittlerweile reichen die Prämieneinnahmen nicht einmal mehr aus, um die gewöhnlichen Reparaturkosten in dem jeweiligen Jahr zu decken«, stellte die Vizevorsitzende des IUMI-Statistikkomitees, Astrid Seltmann, fest. Dabei waren erneut kaum Schwerstschäden zu beklagen.

Abgesehen von mehr Fällen im Yachten- und Wassersportsektor aufgrund von Wirbelstürmen in Nordamerika gab es in der Hochseeflotte hauptsächlich Routineschäden. Sobald wieder Großschäden einträten, wären die finanziellen Auswirkungen auf den Markt dramatisch – jedenfalls auf Basis des heutigen Prämienniveaus.

Zumindest im ersten Halbjahr 2018 blieb die Schadensentwicklung offenbar noch gedämpft. Laut der zentralen NoMIS-Datenbank der nordischen Kaskoversicherer, die gut ein Viertel der Welthochseeflotte abbildet, sank die Frequenz der Totalschäden auf ein historisches Tief von unter 0,05% (bei 20.000 Schiffen nur ein Totalverlust). Bei den Partschäden waren es rund 21% – ebenfalls ein sehr niedriges Niveau.

Möglicherweise droht dem Markt jetzt mit dem verheerenden Brand auf der Bremer Lürssen-Werft die schwerste Erschütterung seit Jahren. Betroffen war neben dem Schwimmdock die Mega-Yacht »Sassi«, die ein Totalschaden sein soll. Der britische Branchendienst Reinsurance.com vermutet, dass der Brand die Versicherer bis zu 590 Mio. € kosten könnte. Die Baurisikoversicherung war hauptsächlich im Londoner Versicherungsmarkt platziert worden.

Auf jeden Fall dürfte das Unglück zu Prämiensteigerungen im Seekaskosegment beitragen, die sich spätestens seit der Vertragsprolongation zum 1. Juli abzeichnen. Zuvor hatten diverse Versicherer bereits die Reißleine gezogen und sich aus dem Seekaskobereich zurückgezogen. Nach Schätzung der IUMI sind davon Seekasko-Portfolien mit einem Prämienvolumen von 100Mio. $ betroffen.

Mit Blick auf die bevorstehende Prolongation am 1. Oktober sagte ein Makler gegenüber der HANSA: »Wir beobachten, dass die Prämien rapide ansteigen, das heißt zweistellig.« Möglicherweise gelingt es der Branche dadurch endlich, den Umsatzschwund zu stoppen. 2017 war das globalen Prämienvolumen bei Seekasko um 2,3% auf 6,9Mrd. $ gesunken.

Ein etwas positiveres Bild – jedenfalls auf den ersten Blick – bietet da die Warentransportsparte mit einem Anstieg der weltweiten Prämieneinnahmen um 6% auf 16,1 Mrd. $. Ein wesentlicher Grund dafür sind allerdings Währungseffekte. Die Aufwertung vieler lokaler Währungen ließ die Umsätze auf Dollar-Basis quasi automatisch anschwellen. Als weiteren Faktor nennt die IUMI steigende Handelsvolumina und die daraus folgenden Mengeneffekte auf die Prämien.

Anders als im Seekaskosegment war den Warentransportversicherern bislang keine Pause von Großschäden vergönnt. Seit den 2000-er Jahren sorgen Wirbelstürme, Explosionen oder Schiffsbrände regelmäßig für erhebliche »Kumulschäden«. 2017 waren es wieder Wirbelstürme in Nordamerika, das Erdbeben in Mexiko im sowie Überschwemmungen in Südasien, die eine Spur der Verwüstung in Lagern, Depots und Häfen hinterließen. Als entscheidender Risikotreiber gilt die wachsende Konzentration von Güterwerten an einzelnen Umschlagpunkten sowie auf den immer größeren Containerschiffen.
Michael Hollmann