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Thomas Miller plant nach der Übernahme von Zeller/Hanseatic Underwriters den Ausbau der Aktivitäten in der Hansestadt, schreibt Michael Hollmann

In der Versicherungswelt ist derzeit viel in Bewegung – vor allem im Schiffshaftpflichtsektor (P&I). Deutsche Standorte waren bei der Gründung[ds_preview] neuer Niederlassungen seitens der meist in England ansässigen P&I Clubs für die Zeit nach dem »Brexit« bislang leer ausgegangen.

Um auch künftig Versicherungsdeckungen und Schadensbearbeitung für die Mitglieder am europäischen Festland anbieten zu können, zogen die Clubs neue Büros in Irland, den Niederlanden oder Zypern auf. Zu guter Letzt scheint nun auch Hamburg von einer Verlagerung von P&I-Dienstleistungen aus Großbritannien heraus zu profitieren.

So hat sich das britische Unternehmen Thomas Miller – Manager des UK P&I Clubs und mehrerer weiterer Transportversicherungen – die Zeller Associates Group mit Sitz im alten Hamburger Fischereihafen als Nukleus für seine künftige Europa-Organisation auserkoren.

Gründer und Eigner Harald Zeller hat sein Unternehmen – bestehend aus sechs Einzelfirmen mit zusammen über 30 Mitarbeitern – jüngst an die Briten verkauft. Die Transaktion war nach Zustimmung aller Anteilseigner Anfang Oktober über die Bühne gegangen.

Die Zeller Group zählt in Deutschland zu den führenden Dienstleistern in der Seeversicherung. Thomas Miller managt unter anderem den UK P&I Club – einen der größten Haftpflichtversicherer auf Gegenseitigkeit in der Schifffahrt – und baut zusätzlich seit einigen Jahren seine Aktivitäten im kommerziellen P&I-Geschäft auf Festprämienbasis aus.Seit Monaten schon hatte die Gerüchteküche gebrodelt. Werden sich die Partner handelseinig? Und was wird dann von Zeller Associates und seiner Produktpalette für Schiffs- und Charterer-Haftpflicht unter der Marke »Hanseatic Underwriters« übrigbleiben?

Alle Bekundungen dazu aus dem Hause Thomas Miller klingen durchaus erfreulich für den Standort Hamburg und die betroffenen Mitarbeiter.

Die Briten wollen sich nicht bloß ein hübsches Geschäfts-Portfolio unter den Nagel reißen, sondern auch mehr Geschäft nach Hamburg verlagern. Die Hansestadt soll zur »europäischen Service-Zentrale« der Thomas Miller Group werden, wie es Zeller-Geschäftsführer Tobias Braun auf dem Jahresseminar des Emder Versicherungsmaklers Heinrich Elbracht formulierte. Für die kontinentalen Geschäftsbeziehungen verliert Thomas Miller am Standort London wegen des Brexits nächstes Jahr die Zulassung.

Das Augenmerk liege dabei zunächst auf der Festprämien-P&I-Versicherung, die für kleinere Tonnage inzwischen als gleichwertige Alternative zu den großen Clubs der International Group gilt. Zusammen kommen Thomas Miller mit seiner Specialty-Abteilung und Zeller mit »Hanseatic P&I« auf ein Prämienvolumen von 50 Mio. $ pro Jahr.

»Damit sind wir die Nummer 2 hinter British Marine«, so Braun. Die Überlegung sei, das gesamte P&I-Festprämiengeschäft der Gruppe für Europa, Mittelost und Asien in Hamburg zu bündeln, »das ist für uns als Team eine tolle Perspektive.« London bleibe dann für die Märkte in Großbritannien, Nordamerika und Australien zuständig.

Auf jeden Fall werde sich für die Kunden von Hanseatic Underwriters (P&I, Charterers’ Liability, Cruise Liability etc.) vorerst nichts ändern, so Braun, der starke Zuwächse bei Umsatz und Personal am Standort Hamburg erwartet. Dabei dürften auch andere Geschäftszweige der Muttergesellschaft behilflich sein.

Warum sollte Hamburg nicht auch Aufgaben für den UK P&I Club oder andere Gegenseitigkeitsvereine (TT Club, ITIC), die von Thomas Miller gemanagt werden, übernehmen? Auch könnten die Briten einen Ableger ihrer Kanzleisparte Thomas Miller Law in Hamburg aufziehen.

Selbiges gilt für die Sachverständigensparte Brookes Bell oder das Investmentmanagement. Je schärfer der Brexit ausfällt, je größer der Zwang zur lokalen Präsenz in Europa, desto stärker kommt Hamburg als Dependance für Thomas Miller ins Spiel. Insgesamt eine erfrischende Perspektive für den krisengebeutelten Schifffahrtsstandort, der viel Tonnage hat gehen und kaum neue Player hinzukommen sehen. Es gibt offenbar noch Lichtblicke …


Michael Hollmann