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17 Jahre nach der ersten Antragstellung kann der Ausbau der Fahrrinne von Außen- und Unterelbe beginnen, sehr zur Erleichterung der Verantwortlichen. Claudia Behrend stellt den Ablauf und die Bauabschnitte vor

Es gibt keine Eilanträge mehr, die praktischen Arbeiten zur Elbvertiefung können beginnen – so fasste Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) seine[ds_preview] große Erleichterung zusammen, dass es nun endlich losgehen kann mit der Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe. Angesichts der Entwicklung hatte er eigens mit dem scheidenden Wirtschaftssenator Frank Horch und der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) zu einer Präsentation der nächsten Schritte geladen. Auch der parteilose Horch zeigte sich bei einem seiner letzten Auftritte als Wirtschaftssenator sichtlich erfreut: »Wir gehen es jetzt an.« Endlich könne man nun auf die Hafenkunden zugehen und sagen: »Ja, wir bauen die Fahrrinnenanpassung.« Die Elbe und deren Ausbau sei eines der wichtigsten Themen für ihn gewesen, sagte er anlässlich der Erlangung des erforderlichen Baurechts.

Planungschef Jörg Osterwald von der Geschäftsstelle »Weitere Fahrrinnenanpassung« bei der WSV und Jörg Oellerich, Entwicklungsleiter bei der Hamburg Port Authority (HPA), betonten, dass sie die Fahrrinnenanpassung als gemeinsames Vorhaben begreifen. Das Projekt besteht dabei aus vier Teilen: Neben dem Ausbaggern der Elbe sind das der Bau einer Uferbefestigung auf der Ostseite des Köhlbrands, die Verlegung der Richtfeuerlinie Blankenese aufgrund der Verbreiterung der Begegnungsbox sowie die Erneuerung eines Dükers zwischen dem Falkensteiner Ufer und der Elbinsel Neßsand. Außerdem gibt es insgesamt 16 Ausgleichsmaßnahmen, mit denen elbetypische Lebensräume geschaffen werden, in denen sich insbesondere auch der streng geschützte Schierlings-Wasserfenchel ansiedeln soll. Diese Naturschutzprojekte für den ökologischen Ausgleich werden parallel in drei Bundesländern umgesetzt.

Mit den Maßnahmen für die technischen Bauwerke und Naturschutzprojekte wurde bereits begonnen. Der Baustart für die Strombauwerke, um die Tideenergie zu dämpfen und damit größere Veränderungen der Strömung und der Wasserstände zu verhindern, ist für Anfang 2019 vorgesehen. Ein besonders wichtiger Bestandteil, vor allem für die Hafenwirtschaft, ist dabei die Begegnungsbox zwischen Blankenese und Wedel. Für sie ist der Baustart für das dritte Quartal 2019 vorgesehen. Bis Ende kommenden Jahres soll die Fahrrinne dort von bisher 250 bis 300 m auf 385 m verbreitert werden. »Es können dann doppelt so viele Begegnungen durchgeführt werden«, erläutert Horch. Ein Plus für die Großschiffe, die dann die Elbe in beiden Richtungen ohne Restriktionen passieren können. Die Baggerarbeiten an der Fahrrinne, die um 20 m von 250 auf 270 m beziehungsweise von 300 auf 320 m verbreitert und tideunabhängig auf 13.50 m vertieft wird, sollen im zweiten Quartal kommenden Jahres beginnen und bis Ende des zweiten Quartals 2021 abgeschlossen sein.

Elbvertiefung = Überholspur?

Dann können die Seeschiffe unabhängig von der Tide mit 13,50 und unter Nutzung der Flutwelle mit 14,50m Tiefgang aus Hamburg auslaufen. Somit können Containerschiffe pro Schiffsanlauf rund 1.800TEU mehr transportieren. Horch sieht durch die Fahrrinnenanpassung entsprechend ein zusätzliches Ladungspotenzial von über 3Mio. TEU pro Jahr für den Hamburger Hafen. Damit könnte der Elbhafen basierend auf den im vergangenen Jahr umgeschlagenen 8,8Mio. TEU Antwerpen (2017: 10,5Mio. TEU) wieder einholen. Wenn man noch die rund 500.000TEU addiert, die durch die Verlagerung der vier Transatlantik-Linien von THE Alliance von Bremerhaven nach Hamburg hinzukommen, würde sich bei 12,3Mio. TEU sogar der Abstand zu Europas größtem Containerhafen Rotterdam (2017: 13,7Mio. TEU) deutlich verringern. Wann und inwieweit diese Zahlen erreicht werden, wird sich zeigen. Eins scheint jedoch sicher: »Die Effizienz des Flusses wird steigen, da die Schiffe mehr Ladung transportieren und größere Tidefenster nutzen können«, betonte Hamburgs Hafenkapitän Jörg Pollman.

Horch war in seiner Amtszeit (2011 bis 2018) federführend für eins der wichtigsten Verkehrsprojekte der Hansestadt verantwortlich. Zugleich betonte er, dass es gelingen müsse, die Planungsprozesse schneller zu gestalten, wenn man die wirtschaftliche Stärke erhalten wolle. Insgesamt betrachtet, glaubt er aber: »Nach all den Auseinandersetzungen haben wir eine gute Balance gefunden zwischen wirtschaftlichen Interessen, aber auch ökologischen.«

Hans-Heinrich Witte, Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt des Bundes (GDWS), hob hervor, dass die Fahrrinnenanpassung eines der größten und komplexesten Infrastrukturvorhaben nicht nur der Wasser- und Schifffahrtsdirektion, sondern des Bundes gewesen sei. Dabei sei es um vollkommen neue Fragestellungen gegangen, um die Wege für einen gerichtsfesten Beschluss zu erarbeiten. Die Umsetzung solle so schnell wie möglich erfolgen. Erste Ausschreibungen gingen jetzt auf den Markt. »Ich gehe davon aus, dass es gelingt, in diesem Jahr den Zuschlag für die Maßnahme zu erteilen«, so Witte. Zur Sicherstellung, dass Ufer und Schifffahrt miteinander im Einklang stehen, werde in Kürze eine Geschwindigkeitsbegrenzung in Kraft treten.

Das Aktionsbündnis »Lebendige Tideelbe« der Naturschutz- und Umweltverbände BUND, Nabu und WWF hat zwar Klage gegen den aktuellen Planergänzungsbeschluss zur Elbvertiefung eingereicht, da die Verbände die Planung weiterhin für rechtswidrig halten und insbesondere die naturschutzrechtlichen Ausgleichsverpflichtungen nicht erfüllt sehen. Einen Eilantrag auf Baustopp stellten sie jedoch nicht, weil diesem Verfahrenszweig wenig Aussicht auf Erfolg zugemessen wird. Da somit das Baurecht der Vorhabenträger mit dem dritten Planergänzungsbeschluss bestehen bleibt, kann trotz dem noch ausstehenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts der Bau beginnen.

Claudia Behrend