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Reedereibranche und Politik sind sich über die Bewertung der staatlichen Unterstützung nicht immer einig. Die deutsch-geflaggte Flotte schrumpft weiter. Den bestehenden Maßnahmen steht allerdings eine Evaluation bevor.

Nach Ansicht der Behörden ist die politische Flankierung derzeit ziemlich gut. Auch mit Blick auf die Vorgaben aus dem Koalitionsvertrag[ds_preview] der jetzigen schwarz-roten Regierung scheint man keine große Notwendigkeit für weitere Anpassungen zu sehen. Dort stand unter anderem: »Auswirkungen der Entlastungsoffensive für deutsche Flagge werden evaluiert.

Bei Bedarf soll das Gesamtpaket inkl. Ausbildungsplatzförderung angepasst werden«

Nach Recherchen der HANSA herrscht im Bundeswirtschaftsministerium die Meinung vor, dass die deutsche Flagge durch ein Gesamtpaket europäisch wettbewerbsfähig gestaltet wurde, etwa mit der Erhöhung des Lohnsteuereinbehaltes auf 100 %, einer passgenauen Erstattung der Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Sozialversicherung und einer Anpassung der Schiffsbesetzungsverordnung an europäische Standards. Die Umsetzung des Gesamtpaketes sei ein politischer Kraftakt gewesen, heißt es. Auch wenn auf Nachfrage eine explizite Bewertung der Arbeit der Reedereien vermieden wird, erwartet man von der Reederschaft deutliche positive Signale für die deutsche Flagge, die Beschäftigung deutscher und europäischer Seeleute. Auch zu einem potenziellen Ausbau der Fördermaßnahmen gibt es keine konkreten Äußerungen. 2020 soll die sogenannte Entlastungsoffensive evaluiert werden.

Der maritimen Wirtschaft kommt in den Augen der Berliner Behörden – zumindest offiziell – für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland und für die Sicherung von Wachstum und Beschäftigung eine Schlüsselrolle zu.

Auch in der Berliner Finanzbürokratie sieht man offenbar keinen akuten Handlungsbedarf. Von Minister Olaf Scholz ist zwar keine übermäßige Zuneigung zu den Reedereien bekannt. Allerdings hat sich der SPD-Politiker in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister auch nicht durch größere Angriffe auf das Geschäftsgebaren der Schifffahrtstreibenden hervorgetan. Das Ministerium ist in einigen für die Reedereien wichtigen Bereichen involviert, so etwa bei der vieldiskutierten Versicherungssteuer, der Tonnagesteuer und der Lohnsteuerförderung.

Anders als sein Vorgänger Wolfgang Schäuble, CDU-Politiker aus Baden, lässt es der Hanseat Scholz derzeit etwas ruhiger angehen, wenn es um maritime Belange geht. Schäuble, beziehungsweise einige seiner Beamten, hatten in seiner Amtszeit eine große Debatte um die in der Schifffahrt – gerade in Krisenzeiten – nicht unüblichen Pools und Kooperationen ausgelöst und wollte sie stärker besteuern. Die Reeder sahen eine ihrer Existenzgrundlagen gefährdet. Man bekam schließlich einen Aufschub aus Berlin.

Heute verweist das BMF auf Anfrage der HANSA auf das geltende Versicherungssteuergesetz. »Von den in der Schifffahrt bisweilen betriebenen Pools und Kooperationen unterliegen sogenannte Charterausfallpools der Versicherungssteuer«, bestätigt ein Sprecher. Es geht darum, die nicht auskömmlichen Raten einiger Schiffe durch andere Raten aufzufangen, gerade weil ihnen in Krisenzeiten ansonsten die Pleite drohen könnte. Man will also keine Steuern sparen, sondern überhaupt ein Unternehmen »Schiff« fortführen.

Die Besteuerung erfolgt laut dem BMF auf der Grundlage des Gesetzes, wonach »auch eine Vereinbarung zwischen mehreren Personen oder Personenvereinigungen, solche Verluste oder Schäden gemeinsam zu tragen, die den Gegenstand einer Versicherung bilden können, als Versicherungsvertrag im Sinne des Versicherungssteuergesetzes gilt«. Ob sich der Streit für die Staatskasse letztlich gelohnt hat, ist unklar, das Ministerium macht keine schifffahrtsspezifischen Angaben dazu.

Detaillierter werden hingegen die Erträge aus der Tonnagesteuer bestätigt, beziehungsweise ihre aus staatlicher Sicht negativen Effekte. Sie lagen in den letzten beiden Jahren sowie zwischen 2012 und 2014 bei Null – nach bis zu 900 Mio. € im Jahr 2005 ist das eine beträchtliche Entwicklung. Laut dem BMF liegt der Grund dafür in der »wirtschaftlichen Lage der Frachtschifffahrt« – keine Gewinne in der jahrelangen Krise bedeuten auch keine Besteuerung. An der Entwicklung (siehe Grafik) lässt sich die Entwicklung gut nachzeichnen. Nach dem Ausbruch der Krise ging es zunächst auf bis zu 40 Mio. € Begünstigung 2009 hinunter, der zwischenzeitliche, kleine Aufschwung führte entsprechend zu Mehreinnahmen. Danach schlug die nicht enden wollende Krise noch einmal voll durch.

»Regelung hat sich bewährt«

An der Regelung will man ungeachtet der schrumpfenden Flotte und damit ihrer Bedeutung festhalten. »Bei der Gesamtbetrachtung« habe sie sich bewährt, deshalb solle auch weiterhin an der bisherigen Form festgehalten werden. »Neben Deutschland wenden auch viele andere EU-Mitglieder eine Tonnagebesteuerung an«, so der Sprecher. Daher gab es in der Vergangenheit auch immer mal wieder Vorstöße, über eine gemeinsame Regelung nachzudenken. Davon ist im BMF allerdings nichts bekannt.

Offen lassen will sich das Finanzministerium, wie es künftig um die Lohnsteuervergünstigung bestellt sein könnte. In der Debatte um den Einsatz deutscher Seeleute und damit zusammenhängend die Förderung der hiesigen Ausbildung hatten die Reeder zuletzt 2016 einen Erfolg erzielt. Seitdem kann die Lohnsteuer auf Schiffen unter deutscher Flagge gespart werden. Es handelt sich dabei nach Bewertung des BMF um eine »zielgerichtete und nach dem europäischen Recht zulässige Unterstützung«, die die Reeder von Lohnnebenkosten entlastet – sofern sie unter deutscher Flagge fahren. Eine detaillierte Aufstellung finden Sie auf der vorderen Doppelseite.

Die Zukunft der indirekten Subvention ist dennoch auch ungewiss, wie aus der Antwort aus dem Ministerium hervorgeht: »Die Lohnsteuervergünstigung gilt zunächst für fünf Jahre – also bis Mai 2021. Vor einer Verlängerung wird die Regierung 2019/2020 zunächst die Förderung evaluieren.«

Nichts genaues weiß man also (noch) nicht.


Michael Meyer