Anthony Firmin, Hapag-Lloyd
Anthony J. Firmin, COO Hapag-Lloyd (Foto: Hapag-Lloyd)
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32.850 $ statt 20.216 $ pro Tag – auf diese Bunkerkosten müssen sich Eigner älterer Schiffe – am Beispiel eines 4.000-TEU-Frachters – durch strengere Schwefelgrenzwerte im Kraftstoff ab 2020. Davon geht zumindest Anthony J. Firmin, COO bei Deutschlands größter Linienreederei Hapag-Lloyd, aus[ds_preview].

In seiner Keynote auf dem heutigen »HANSA-Forum Schifffahrt | Finanzierung« stellte Firmin die Strategie des Konzerns mit Blick auf neue Antriebs- und Kraftstofflösungen vor. Spannend wird es bei der Frage, was Lieferanten und Schiffseigner zu erwarten haben, die ihre Tonnage an Hapag-Lloyd oder andere Carrier verchartern und wie technische Nachrüstungen oder Umbauten zur Effizienzsteigerung der Schiffe finanziert werden könnten.

Der Nachteil ineffizienterer Schiffe werde deutlicher zu Tage treten, sagte Firmin, da diese auch teurere Kraftstoffe nutzen müssten. So würden die Kosten auf See von 400 $ / t auf 650 $ steigen. Dies könne zu einer erhöhten Scrapping-Aktivität führen – und damit zu einer besseren Balance von Angebot und Nachfrage.

Nach Ansicht der Verantwortlichen am Hamburger Ballindamm werden die neuen Regulierungen die Schifffahrt signifikant grüner machen, aber eben auch zusätzliche Kosten verursachen, nicht nur für Hapag-Lloyd, sondern auch für die Kunden. Auf den Container (TEU) runtergerechnet erwartet man Zusatzkosten von rund 80 €. »Insgesamt müssen die Zusatzkosten von der gesamten Lieferkette getragen werden, nicht allein von den Reedereien«, so Firmin weiter. Das durchzusetzen, werde sehr wichtig werden.

Schlüssel-Technologie bei Hapag-Lloyd

»Low Sulphur Fuel ist die Schlüssel-Lösung für uns und die Industrie, um die neuen Anforderungen kurzfristig einzuhalten«, sagte Firmin. Ein weitaus kleinerer Teil dürfte Scrubber nutzen, ein noch kleinerer Teil auf LNG setzen. Konforme Treibstoffe seien die einzig realistische Option für 2020, da die globale Umrüstung auf LNG oder die Installation mit Scrubbern bis dahin schwer umzusetzen sei. Auch könne man so Umbau-Kosten sparen, allerdings rechnet Firmin mit zusätzlichen jährlichen Bunker-Kosten von 1 Mrd. $. Für die gesamte Schifffahrt erwartet er Zusatzkosten von 60 Mrd. $, für die Containerbranche 15 Mrd. $. Hapag-Lloyd selbst hat bereits eine neue Berechnungsformel  »MFR« für Bunker-Aufschläge entwickelt. So sollen künftig die Rechnungen für Kunden geteilt werden, mit der Frachtrate und dem Bunkerpreis. Letztlich will man damit die Transparenz fördern.

Die MFR basiert auf einer Formel, die den Verbrauch und die Marktpreise von Treibstoffen miteinander verbindet.Vor kurzem erst hatten die Ankündigungen von Bunkerzuschlägen mehrerer Reedereien für Schlagzeilen gesorgt. Auch Hapag.Lloyd hatte Pläne angedeutet, die nun veröffentlicht wurden.

Der Marine Fuel Recovery (MFR) Mechanismus berücksichtigt laut Hapag-Lloyd unterschiedliche Parameter, zum Beispiel den Treibstoffverbrauch pro Tag, Treibstoffart und -preis (für HSFO, LSFO 0,5% und LSFO 0,1%), See- und Hafentage sowie beförderte TEU. Diese Parameter leiten sich von einem repräsentativen Dienst im Markt für ein spezifisches Fahrtgebiet ab. Zugleich würden Preisschwankungen sowie Aufwärts- und Abwärtsbewegungen von Marktpreisen für Treibstoffe besser berücksichtigt. Insgesamt ziele der MFR Mechanismus auf eine transparente Kostenkalkulation ab, heißt es.

Hapag Lloyd Chicago Express Schornstein Exhaust
Foto: Hapag-Lloyd

Deutschlands größte Linienreederei will im kommenden Jahr eines ihrer 15.000-TEU-Schiffe für den LNG-Betrieb umrüsten. Der Umbau, der es Hapag-Lloyd ermöglicht, die strengere Schwefelobergrenze für Schiffskraftstoff ab 2020 einzuhalten und gleichzeitig Emissionen zu reduzieren, soll 20-25 Mio. $ kosten. Wenn das Pilotprojekt gut läuft, könnten mehr als ein Dutzend weiterer Umbauten folgen. Insgesamt hat die Reederei 17 »LNG ready«-Schiffe in der Flotte.

Auf zehn Frachtern sollen Scrubber installiert werden. Dabei geht es um 13.000-TEU-Schiffe. Die Kosten werden mit 7-10 Mio. $ veranschlagt. Schon jetzt seien aber die Nachteile klar, so Firmin: ein höherer Kraftstoffverbrauch und der Umstand, dass Scrubber aus ökologischen Gründen allenfalls eine kurzfristige Lösung seien.

Bei möglichen Maßnahmen in der Flotte greift Hapag-Lloyd bislang nur auf eigene Schiffe zurück. Das muss aber nicht so bleiben. Man schaue sich ebenfalls um, ob man mit Tramp-Reedern Umrüstungen umsetzen könne, mit entsprechenden Charter-Vereinbarungen.

Bereits im Sommer hatte die Reederei – deren Ergebnis für die ersten neun Monate unter anderem durch erhöhte Bunkerkosten belastet wurde – seine Bewertung der verschiedenen Alternativen veröffentlicht. Seinerzeit hielt man sich relativ bedeckt, weil in vielen Fällen und für einige Technologien noch die Erfahrung fehle. Der überwiegende Teil der weltweiten Containerflotte werde wohl auf den neuen, deutlich teureren, schwefelarmen Kraftstoff umzusteigen – oder gegen das Gesetz zu verstoßen. Die Bewertung der Alternativen zeige, dass jede Lösung ihre Herausforderungen mit sich bringe.

Erst gestern hatte Hapag-Lloyd außerdem seine neue »Strategy 2023« veröffentlicht. Größe sei nicht länger Trumpf, sondern strikte Kundenorientierung. Es sei offensichtlich, dass Kunden zuverlässigere Lieferketten erwarten und dass die Industrie sich verändern und mehr investieren muss, hatte CEO Rolf Habben Jansen gesagt. Zudem wurde ein Kostenmanagement-Programm mit einem Einsparziel von 350 bis 400 Mio. $ gestartet, wodurch auch nach dem Start der strategischen Initiativen die weitere Wettbewerbsfähigkeit auf der Kostenseite gewährleistet werden soll. Beim Verschuldungsgrad (Nettoverschuldung zu EBITDA) ist eine Quote von kleiner als 3.0x als Ziel gesetzt sowie eine Eigenkapitalquote von mehr als 45 %. Zudem soll eine angemessene Liquiditätsreserve von rund 1,1 Mrd. $ beibehalten werden.

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